Macht garantiert schlechte Laune. Dies aber mit einer gewissen fröhlichen Festlichkeit. Wenn irgend machbar.
Donnerstag, 26. September 2013
ROMANE
Liegen auf halbem Wege zwischen bewußtlosem Nachvollzug der mythisierten Notwendigkeiten und dem Verstummen.
Suchbewegungen der Selbstbehauptung.
Im Alter erzählt meine Mutter unentwegt an ihrem Roman, der ihre Tüchtigkeit unter widrigen Verhältnissen zum Sujet hat, aus dem hervorgeht, daß es die ihr sehr wohl bekannte Armut heute gar nirgendwo nicht gibt.
Gegen diese Sorte Romane spricht, daß es dann auch keinen Reichtum geben kann, an dem die Armut ja erst ihr objektives Maß hätte.
Der Drachen an der Leine
Das ist ein hübsches Bild, wenn man eine schlagkräftige Umgehung jeglichen Arguments für jedwedes eingerichtete Gehorsamsverhältnis in Religion und Moral braucht.
Leuchtet doch unmittelbar ein, daß die Leine geradezu die Voraussetzung für das Steigen des Drachens ist, und nicht etwa eine verdrießende Gängelung.
Persönlich ziehe ich dennoch vor, meine eigenen Pirouetten hinieden zu drehen.
Mir waren nämlich schon die seinerzeitigen Strippen an mir seinerzeitiger Marionette zu viel.
Und wenn ich schon unbedingt in die Luft gehen will, dann mit einem erstrebenswerten Reiseziel, und nicht als Spielzeug jeden dahergelaufenen Dödels, der mich kunstvoll hierher oder dorthin zerrt.
Dass ich zudem als zum Drachen Gemachter von einem Mindestmaß an Luftbewegung abhängig wäre, verdrösse mich ungefähr drei Viertel des Jahres, die ich unbeachtet - in einer finsteren Ecke der Garage verstaut - meiner gelegentlich abgerufenen Bestimmung entgegenharrte.
Und da sind wir noch nicht einmal bei den von Gott befohlenen Angriffskriegen und Völkermorden, die anscheinend nicht unter die segensreiche Leine Tötungsverbot fallen.
Geneigter Leser.
Bin dann mal wieder eine Woche in den Alpen wandern.
Parteienvertreterwahlkreuzlablieferungssonntagsdemokratie
Ein Wort wie das, wofür es steht.
Ich ficke ja auch lieber, und das vorzugsweise zu zweit.
Aber die Natur hat uns da sehr enge Grenzen gesetzt.Was also machen - um Himmels willen - in der verbleibenden Zeit die anderen, wenn sie sich schon weigern, noch nicht mal was Falsches zu denken.
Mittwoch, 25. September 2013
Verbrechen gegen die Menschlichkeit
1. Keinen Bausparvertrag abzuschließen.
2. Seine Stimme nicht abzugeben.
3. Sich mit Pazifismus zu beflecken.
4. Kaffeepads nicht wie Hostien zu schlucken.
5. Dem Kompromiss kompromisslos seinen Arsch zum Lecken anzubieten.
6. Alle Lebewesen für eine Art Mensch zu halten.
7. Gott mehr zu lieben als die Menschen.
Denn siehe, alles, was von Menschen allgemeinverbindlich geschehen gemacht wird,
ist es wert, von anderen Menschen befolgt zu werden.
2. Seine Stimme nicht abzugeben.
3. Sich mit Pazifismus zu beflecken.
4. Kaffeepads nicht wie Hostien zu schlucken.
5. Dem Kompromiss kompromisslos seinen Arsch zum Lecken anzubieten.
6. Alle Lebewesen für eine Art Mensch zu halten.
7. Gott mehr zu lieben als die Menschen.
Denn siehe, alles, was von Menschen allgemeinverbindlich geschehen gemacht wird,
ist es wert, von anderen Menschen befolgt zu werden.
PENTRU CE?
Im Rumänischen steht diese Partikel für „Wofür?“
Aber auch für „Warum?“
Kann diese Sprache nicht Grund und Zweck auseinanderhalten?
Dann ginge es ihr wie unseren Normalos.
„Wofür soll das gut sein?“ fragen sie. Wobei sie meinen, dass sie normalerweise sich nur für Handfestes interessieren, wo auch was für sie bei rumkommt, denn nur sowas Vernünftiges gibt ihnen auch gleichzeitig den Grund jedweder Veranstaltung ab.
Die Verwechslung der individuell gefassten, aber aufgedrungenen Zwecke mit der Wohlmeinendheit, dass das auch schon ihr Grund wäre, ist das ganze Geheimnis eines brav eigenhändig gefälschten Bewußtseins.
Dienstag, 24. September 2013
Den Morgenlandfahrern
mag man als Spinnern feind sein.
Aber in ihrem Sprechen über Dinge,
die nicht da sind, als ob sie wären,
haben sie eine Kampfform entwickelt,
die ohne Feind auskommt.
Allerdings auch ohne Sieg.
Ausser dem über sich selbst.
Wer keinen Wert darauf legt, mit dem Menschenvieh zu leben,
der kann immer noch von ihm leben.
Wer beides nicht will, gilt beiden als Spinner.
Montag, 23. September 2013
Den Deutschen
müsste man verbieten, Diener zu werden.
Dann klappt das garantiert mit seiner Emanzipation von den Ketten, die er für Siegergirlanden hält.
Aber wäre das nicht....?
Also gut, verbauen wir ihnen absolut jede Möglichkeit, in die Klasse der Diener aufzusteigen.
Götter und Götzen
Idole treten den Beweis an, daß ein durchmythisiertes Bewußtsein vollkommen richtig liegt.
Die darauf eifersüchtigen Götter fassen sich derweilen klug in Geduld bis sie - gänzlich ohne Beweis - das Ende des bösen Lieds einfahren.
Jugend
Ein hochbrisantes Energiepotential, das - wegen seiner begeistert genährten Nachhaltigkeit - noch nicht einmal die vorsorglich strategisch positionierten Mühlen werden drainieren können.
Aber Gottseidank geht sie auch endlich mal vorbei.
Sonntag, 22. September 2013
Ein ausgewachsener, wuchernder Wertecorpus
sichert die Untauglichkeit des davon befallenen Kopfes
für eine Analyse der Lage.
Auch die dichteste Argumentation
zerschellt an einem dichten Gehirn.
FECIOR
Im Rumänischen ist das Wort für den "Sohn" und den "Knecht" identisch.
Gedacht hat mein Vater genau so.
Die Unfähigkeit des Normalos zwischen dem Phänomen der Macht und der staatlichen Gewalt zu unterscheiden, geht vermutlich auf das Einleuchtende der Wucht zurück, mit der eine allgemein erfahrbare Machtunterworfenheit hinein in eine gewaltsam aufrechterhaltene Machtunterwerfung ohne jede Emanzipationsaussicht tradiert wird.
Wenn es einem gelingt, sich einzureden, dass seine Zwecksetzungen auch schon der Grund des Gemeinwesens seien, in das es ihn verschlagen hat, dann ist der zwar ein Idiot, aber mit Sicherheit glücklich.
Sollten sich die ewigen Durchblicker darüber beschweren, daß Grund und Zweck nur in der Staatsideologie zusammenfallen gemacht werden, so sind sie nicht nur unglücklich, sondern auch blöde, von ihrem Ideal Übertölpelte.
NIHIL SINE DEO
(Motto des Nationalmuseums in Bukarest: NICHTS OHNE GOTT)
Also auch den nächsten Raubzug auf dem Globus selbstverständlich MIT IHM.
Also auch den nächsten Raubzug auf dem Globus selbstverständlich MIT IHM.
Rumänienreise
Rucksackreise
durch Rumänien
(Der
nachträglich ergänzte Zusammenschnitt von e-mails
erklärt die manchmal merkwürdige Schreib- und Sprechweise.)
- Aug.Flug nach Bukarest.Erste Eindrücke: Der Nationalpalast ist kein Gebäude, sondern ein menschgemachtes Gebirge, von einem Größenwahnsinnigen in Auftrag gegeben.Andererseits: Der gewaltige Gaul, auf dem Carol I. auf gewaltigem Sockel ins Nirgendwohin reitet, hat einen Hodensack von zweimal der Größe meines Kopfes. Und da reden sie von der Gigantomanie von Faschismus und anderen Volksreligionen!Der Cismigiu-Park: sehr populärer Treff der Generationen.Am Querschnitt durch die Bevölkerung fällt mir altem geilen Bock natürlich vor allem die feinporige glatte Haut eines bestimmten Frauentypus auf. Vielleicht ist das aber auch nur die willkommene Kompensation für die aufdringlich baufälligen Strassenzüge.
Ach
ja, und die Wiederbegegnung mit dem nicht sehr vertrauenswürdigen,
bröseligen rosa Klopapier nicht zu vergessen.
- Aug.Sinaia.Mal einen Besuch bei „Königs“ in einem putzigen Fachwerkschloss (Peleș) gemacht.Da wurde im 19. Jhdt. ein deutscher Adliger, der sonst doch nur herumgelungert hätte wie Seinesgleichen sonst auch, nach Rumänien importiert, auf dass er über die Rumänen als Carol I. herumkönige.Die hesychastische Klosteranlage von Sinaia (nomen est omen!) jedoch ist ein in angenehmer Weise herabbremsendes Ambiente.
- Aug.
Wunderschoene
Bergfahrt im Bucegi (Omul
2505 m).
(Den
Hyperlink durch Rechtsklick aktivieren und öffnen)
Auffahrt
mit Telecabina zur Bergstation Cota 2000. Und dann das vor mir
herrollende Plateau bis zum Omul.
Weiss
gar nicht wie ich ums Schwaermen über die bizarren Formen
herumkommen soll. Charakter: Almbummel mit dramatischen wüst-wilden
Szenerien.
Da
habe ich mir ein schoenes Geburtstagsgeschenk gemacht.
Na
ja, mit Einschraenkungen. Die Sonnenbrille auf der Bergstation
beiseitegelegt, liegengelassen, zurueckgekehrt nach 5 Minuten,
geklaut.
Mit
Schwund muss gerechnet werden.
Ausserdem
waren alle Hütten, ausser der sehr urtümlichen Caraiman-Hütte,
belegt.
Hygienebewußte
Menschen seien ausdrücklich vor dieser Cabana gewarnt.
- Aug.Abstieg über Piatra Arsa – Poiana Stanei Regale.Aussagekräftiger link:Begegnung mit einem gebildeten Rumänen, der mir die Weltgeschichte aus rumänischer Sicht erklärte.Lief in allen Punkten darauf hinaus, daß alles Wichtige und Wesentliche auf dieser Welt eigentlich den Rumänen zu verdanken sei.Was ich mir dabei denke: Seit 3 Mio. Jahren gibt es den Homo.Seit 2 Mio. taucht der in Georgien auf.Seit 600 000 neandertalt er, sein Habitat gestaltend.Seit 100 000 heißt er der „Sapiens“, der Weise, Wissende.Das merkt man aber eher nicht.
5.08.
Heute
ein selbstausgedachtes Ding hinter mir.
Rauf
auf irre steilem Pfad, eine Stunde lang, dann freies Gehuegele
mit Blick über das Prahovatal auf die
Steilabbrueche des Bucegi von gestern, runter zu einer Sennerei, die
Hunde haben was dagegen, der Senn meint, die beissen nicht.
Dann
runter auf eben so steilem Waldweg.
Da
bellt mir ein Hund entgegen, jetzt sind es schon zwei, jetzt
drei...bei 7 belfernden Koetern war Schluss.
Kommt
ein Pferdewagen mit Senn und Milchkannenwagen von unten rauf.
Mindestens 30 Grad Steigung.
Unglaublich!
Mit
den Schäferhunden bin ich klargekommen, nachdem ich herausgefunden
hatte, daß man ihnen nicht mit dem Stock drohen darf. Das macht die
nämlich erst richtig scharf. Wenn du ruhig stehen bleibst,
bellen die dich zwar pflichtschuldigst an. Dann wird es ihnen aber
schnell zu langweilig und sie schauen in eine andere Richtung, ob da
was Interessanteres ist.
Insgesamt
sehr schön anstrengend. Die Rumänen sind nämlich der Ansicht, daß
oben da vorne geradeaus ist. Die Serpentine als zivilisierte
Entschärfung der Steigung ist hier eher unüblich, wenn auch nicht
gänzlich unbekannt.
06.
Aug.
Transfer
nach Busteni
Dass
ich Dir schreibe, wies mir geht!
Sitze
hier in einem Pavillon, umgeben von wucherndem Gruen: Dahlien,
Geissblatt gelb und weiss, Rosen, Rhododendren, Kerrien ...
Himmlische,
laendliche Ruhe am Computer des Vermietersohns.
Ich
habe es gut getroffen.
War
hier mit dem Sammeltaxi angekommen und fragte auf der ersten Terrasse
eines Cafes nach der Pension. Da sass ein Freund des Hauses dabei.
Handyanruf.
In einer Viertelstunde wurde ich mit dickem Auto abgeholt.
Bis
dahin hatte ich schon Freundschaft mit Eugen, Daniel und Konstantin
getrunken.
Wie
gesagt: ich habe es gut getroffen. Auch mit den 35 Grad Celsius wird
man hier gut fertig. Es ist eine trockene Hitze - und jetzt streicht
sogar ein sanftes Lueftchen vorbei.
Morgens
auf dem Markt: saemtliche Beeren in Massen, sogar Sanddorn. Die
Blaubeeren bilden ganze halbmeterhohe Berge.
Fahrkarte
nach Brasov, raus aus der Walachein, hinein ins Transsilvanien fuer
morgen schon gekauft, sonst laeuft man Gefahr, dass man keinen Platz
mehr kriegt. Hier gibt es in den besseren Zuegen nur resevierte
Plaetze.
07.08.
Tja,
Schluss mit dem huebschen Dschungel aus Lilien und .. und
...und.
Bin
im heissen Brașov,
(ehemals Kronstadt).Die Bleibe hier (Casa Ober) ist
nicht das Gelbe vom Ei, sondern ein schon etwas angegangenes, und
seinen Preis nicht wert.
Uebermorgen
wechsele ich aber die Unterkunft zum Kismet-Dao-Hostel. Vielleicht
habe ich da mehr Glueck.
Jetzt
ist erst mal Kultur angesagt. Also kuehle Kirchen und Museen.
Orgelkonzert
in der Schwarzen Kirche
Es
ist halt schön hier.
08.08.
Heute
bin ich 2 1/2 Stunden rauf auf einen Berg namens Postavarul.
Wie
ueblich unangenehm und ungemuetlich steil. Die Alpen sind sehr viel
ziviler mit ihren Entschaerfungen der Steigung. Hier geht es rauf, wo
es eben rauf geht.
Superdirittissima..
Gnadenlos. Ruecksichtslos gegen die älteren Semester.
Aber
man ist in einer Stunde jenseits der Waldgrenze, da wo es rundum
schoen ist. Weiden und Felsen.
Runter
zur Poiana (Bergwiese) Brasow mit der Seilbahn.
Dort
ein hervorragend schmeckendes Bratenstueck Baer verspeist.
Hat
mir gar nicht leid getan um den. Erstens laufen die sowieso zu
Tausenden durch die Waelder der Karpaten, und tot war er ja eh schon.
Wie
er geschmeckt hat? Der schmeckt wie er aussieht. Wenn man ihn
anschaut, hat man gleich das Gefuehl, der muesste eigentlich ganz gut
schmecken.
Und
das war nicht irgendwas anderes?
Hirsch
und Pferd und alles andere kenne ich, also muss es doch
wohlschmeckender, zarter Baer gewesen sein.
Bloss
dieses scheiss-schoene-Wetter geht mir langsam auf den Geist. Das
ginge doch auch unter 30 Grad!
09.08.
Schoenen
guten Morgen,
Habe
gerade im Hostel eingecheckt, habe freien Kaffee und Muesli
geschlampampt, und der Computer ist auch gerade frei.
Schoen
hier.
Gehe
jetzt zum Bus. Heute ist die Bauernfestung
Rasnow (gegen die hier jahrhundertelang sich uebel
auffuehrenden Tuerken) als Wanderziel dran.
Später
am Abend:
war
keine so gute Idee, ohne Karte in den Waeldern aufs Geratewohl
herumzustoebern.
Ich war
heilfroh, wenn ich ueber Zivilisationsspuren stolperte (
Bierdosen, Sch....haufen). Das konnte also so falsch nicht sein.
Diese
- nach vier Stunden endlich erreichte Bauernfestung - ist eine
richtige kleine Stadt. Sehr eindrucksvoll.
Eine
phantastische Kulisse fuer rumaenische Heimatfilme.
Viel
Hatscherei aber, mehr so als Training, kein wirkliches Highlight.
Der
Reisealltag hat mich wieder.
10.08.
Um
der Hitze zu enfliehen, bin ich mit dem Zug eine halbe Stunde rauf
zum Predeal-Pass gefahren.
Das
ist so eine Art Brenner, der hier die Walachei von Transsylvanien
trennt.
Klimatisch
einfach angenehmer.
Rummachen
auf eigene Faust in den Waeldern. Spannend.
Diesmal
haben aber die Plastiktueten und die Zigarettenschachteln nur zu
einem Rastplatz der Waldarbeiter gefuehrt.
Ich
also durchs Gebuesch rauf und rueber, wo ich einen Pfad vermuten
durfte. Selbst Buchen koennen aber ein ganz schoen dichtes Dickicht
produzieren.
Auf
einmal bricht was Groesseres laut und in grosser Eile vor mir auf und
weg. Gottseidank hat das nach Wildsau gerochen und nicht nach Baer.
Von
den Baeren gibt es hier – wie gesagt - Tausende in den Waeldern der
Karpaten, und die Einheimischen lachen sich kaputt ueber
Wichtigmacher, die Problembaeren abschiessen lassen.
Morgens
ein komisches Ereignis. Ein Tourist auf Fahrradl faehrt eine kleine
Schraege vom Trottoir runter zur Strasse. Ploetzlich gibt das
Vorderrad unter ihm nach, und der entstandene Achter bringt ihn zu
Fall. Er hat dann das Vorderrad mit Armeskraft wieder einigermassen
gerade gebogen, damit er das eiernde Ding ueberhaupt vom Ort
wegbewegen kann.
Hat
ein Taxi angehalten und das marode Ding verstaut. Vermutlich, um ein
ernstes Wort mit dem Verleiher zu reden.
Das
kann jetzt aber wirklich nicht am - so was von toten - Kommunismus
liegen, dass solcher Schrott produziert wird.
11.08.
Heute
mal wieder Kultur.
Hab
Prejmer (fuer die Siebenbuerger
Deutschen: Tartlau im Burzenland)
besucht. Das ist die oestlichste Werhrkirche / Kirchenburg Europas.
Sehr eindrucksvoll.
Die
Notwendigkeit solcher Anlagen ergab sich seit ewa 1420, als die
Tuerken meinten, hier im Westen gaebe es ja auch noch Steuerzahler,
die man mit Mohammed begluecken koennte.
Die
Mauern und die Kirche sind fuenf Meter dick und 12 Meter hoch. Darin
befindet sich für Belagerungszeiten genügend Proviant und alle
nuetzlichen Gewerbe haben ihre Werkstaetten, einschliesslich des
Schulmeisters mit seiner Schule.
Die
Kirche selber weist eine interessante Kanzel auf. Da sind nicht nur
Glaube, Hoffnung und Liebe den suendigen Herren in Erinnerung
gerufen, sondern auch die Bestaendigkeit und komischerweise auch der
LOHN:
"
Halt, was du hast."
Als
ob man ausgerechnet das den Herrschenden anraten muesste, die eh
alles haben.
Fuer
dieses Grenzlandvoelkchen hat das aber wohl die Bedeutung, sich in
die Erde zu krallen und am Erlittenen auch um den Preis des eigenen
Lebens festzuhalten. Die Toten des ersten Weltkriegs werden
jedenfalls in grossen Ehren gehalten.
Dann
bin ich mit dem Daumen nach Harman
(Honigberg), zur naechsten Kirchenburg gereist. Eine halbe Stunde von
der Kreuzung zur Wehrkirche. Allerdings unter einer
schattenspendenden Lindenallee. Etwa zwei Meter breit. Halt dass
gerade ein Pferdewagen durchkonnte. War den nachhaltigkeitsbewussten
seinerzeitigen Vaetern von Honigberg sehr dankbar fuer ihre
Weitsicht. Denn diese beiden Orte (Tartlau und Honigberg) liegen in
einer sehr heissen Ebene. Die Gerste ist schon eingefahren. Nur der
Mais reift noch. Der Hollunder ist hier schon schoen schwarz.
Nachmittags
stapfte ich auf den hiesigen Hausberg, die Tâmpa
. Ist mir ziemlich schwer gefallen, trotz Serpentinen. Das uns
versprochene Gewitter ist ausgeblieben. Und ich hatte natuerlich den
schweren Poncho und den Regenschirm sicherheitshalber mit.
13.08.
Gestern
war ich nach Schaessburg (Sighisoara) gefahren.
Irgend
so ein hübsches Weltkulturerbe, was das historische Stadtbild
betrifft. Aber da waren mehr Japaner und Chinesen als Einheimische.
Die
Touristeninformation, mit der ich eigentlich gerechnet hatte, war
tot.
Einfach
ausgefallen, wie in allen andern Staedten bisher auch.
Kulturservice
ist eben das erste Krisenopfer in Armut dahinsiechender Staaten.
Kein
Fahrrad, kein nix.
Also
nichts, was mich hätte halten können.
Bin
also nach Sibiu mit dem Bus verzogen.
14.
Aug
Eine
Ausstellung zum Judentum unter dem NS in der Sakristei der- wegen
neuer Eindachung - geschlossenen Kirche.
Ich
zitiere aus dem Gedächtnis einen SS-Offizier Fritsch, der die Juden
im KZ begrüßt: „Ihr seid hier nicht in
der Sommerfrische, sondern in einem deutschen Konzentrationslager,
das ihr nur durch den Kamin verlassen werdet. Wem das nicht gefällt,
der kann ja in die Hochspannungsdrähte des Zauns springen.“
Denkt
man sich die bisherige Erdgeschichte als ein Jahr, dann gibt es die
überaus erfolgreiche menschliche Rasse seit ungefähr 15 Minuten vor
Neujahr.
Unschwer
vorherzusagen, daß die Erde das gerade laufende nächste Jahr nicht
überleben wird.
Im
sehr sehenswerten Brukenthal -Museum hat mich vor allem ein Maler,
über den ich immer wieder stolpere, nämlich Alessandro Magnasco,
fasziniert. Seine bizarren, dramatischen Landschaften, Ruinen und
verqueren Themen, in denen auch Menschen unter sehr viel
Interessanterem, Anderem vorkommen, haben nur am Rande mit den
angeblich von allen geteilten Überzeugungen zu tun.
Er
pflegt nämlich ein sehr eingeschwärztes Menschenbild, das aber von
St. Petersburg bis Gesamteuropa, Amerika und Tokio seine Liebhaber
gefunden hat. Diese wie Flammen sich verzehrenden Figuren verwehen,
als ob der Trieb sie in Kontorsionen vor sich herprügelte. Das
macht sogar vor den Heiligen nicht halt: Fanatiker allesamt. Die Welt
ist eine von den glühenden Scheiterhaufen angezündeter Städte
erhellte Nacht.
15.
Aug.
Ausflug
in die Cindrel-Berge nach Paltinis.
Charakter
der Wanderung: „Schwarzwald“ mit vielen Hochweiden, die aber
entweder bereits langsam verbuschen oder von ihren neuen Eigentümern
für den Verkauf eingezäunt werden. Jeder Pfahl ein Pflock in mein
Herz... Gekommen war ich eigentlich wegen der Weite der Weiden und
dem illusionären Gefühl der Freiheit, das sie vermitteln.
16.08.
Also
ich sitze hier erst mal geborgen hinter einem Computer-Terminal in
Cluj.
(Klausenburg)
Der
heutige Transfer von Sibiu war die Hoelle, ein permanenter Angriff
auf saemtliche Sinne.
Der
Fahrer bestand auf seiner Lieblingsmusik, einer Art rumaenischer
Populaermusik, die an Pimitivitaet und Lautstaerke nur von unseren
Rappern uebertroffen wird.
Links
neben mir erledigte ein Ungarsprachiger (hier - neben Rumaenisch -
das Normale) seine Geschaefte, rechts von mir ein Paerchen, das - in
dem Alter verstaendlich - nicht die Finger von sich lassen konnte und
sich auch sonst jede Menge zu sagen hatte.
Links
vor mir las man Erbauungsliteratur des radikalen Christentums. Das
war wenigstens geraeuschlos. Es sind übrigens auffällig viele
Frauen, die in Erbauungsbüchern lesen. Die Männer hingegen tragen
Bierbäuche.
Der
rumänische Absurdist Ionesco hat schon recht mit seiner Beobachtung,
dass Ideologien uns trennen, und Träume und Ängste uns einen.
Dummerweise
erzählen uns aber diese vorbewußten Sphären keineswegs, was wir
denn nun machen sollen. Ein pompöser Gedanke als Rohrkrepierer!
Gedanke
heißt im Rumänischen übrigens „Idee“. Da kann man mal sehen,
was diese Sprache davon hält. Die Erfahrung der Nutzlosigkeit des
Denkens gibt ihr aber recht.
Aber
zurück zu den Attacken auf meine Sinne. Und jetzt kommt es hart!
Hinter mir machte sich eine Mutter mit drei geraeuschvollen Kindern
breit. Die - ich kann es Dir nicht ersparen, ich musste das ja auch
dreieinhalb Stunden aushalten - roch zwischen ihren Beinen hervor wie
die Hochzeitsnacht eines Fischmarkts mit einer Muellhalde.
Wenn
es irgend geht, werde ich ab sofort lieber die Bahn nehmen, obwohl
die noch laenger braucht.
Hier
im Internet-Cafe raucht einer ein scheussliches Kraut neben mir.
Das
halte ich nicht lange aus. Von dem rhythmischen Laerm hier schon mal
abgesehen.
Mein
Eindruck von der Mentalitaet der Rumaenen ist bisher: die haben eins
an der Waffel. Das ist ein ziemlich bizarrer Haufen, der allen in
allem recht gibt, um dann aus der Komposition von allem Möglichen
einen Rest von Selberheit aggressiv in die Welt zu tragen. Soviel zur
Architektur dieses Landes.
Was
ein Rumäne denkt, ist etwas ganz anderes, als das, was er schreibt.
Zu unterscheiden ist davon dann noch einmal das, was er tut.
Am
besten, man verlaesst sich hier auf kein erwartbares Verhalten. Sonst
ist man im Verkehr sowieso gleich tot.
Also
jetzt reicht es mir. Ich gehe.
Spaeter,
in einem anderen Internet-Cafe.
In
Cluj ist mir übrigens der Witz am Nationalismus aufgegangen.
EXISTENTA
UNUI
POPOR
NU
SE DISCUTA,
SE
AFIRMA!
Steht
so zu lesen an einem Denkmal an der Piata Unirii.
„Ob
es ein Volk gibt, diskutiert man nicht. Man affirmiert es.“
Man
behauptet also seine Existenz. D. h. man setzt ein Sein ins Wort und
steht mit seinem Kopf dafür grade.
Noch
nie wurde die Wahrheit über den Nationalismus als moderne
Staatsreligion so unverblümt in aller Öffentlichkeit ausgesprochen.
An
Blutzeugen für die Einlösung dieser intellektuellen Schweinerei
mangelt es gerade in Cluj nicht: Die sozialrevolutionären Märtyrer
„Horea,
Closca şi Crișan“
sind als Identifikationsangebote hier allgegenwärtig.
Und
die 89er-Revolution hat am anderen Ende des selben Platzes 26
Bronzesäulen mit symbolischen Einschusslöchern zur Feier des
Heroismus gesetzt bekommen.
Man
geht wohl nicht fehl, wenn man interessierte Kreise annimmt, die den
lieben Mitmenschen ein Gedächtnis machen möchten, dessen Inhalt sie
damit zu bestimmen suchen.
Was
sie nicht in der Hand haben, ist die Deutung, welche die abhängige
Interessenlage diesem Versuch gibt. So ist die gegenwärtige
Interpretation der Demokratieverlierer natürlich eine haarsträubend
abweichende von der offiziell gewünschten.
Die
Semiologie der Staatsmoral hat so ihre „Kulturobjektivationen“,
kann aber wirklich heilfroh sein, daß sie darüber hinaus auch noch
die Macht hat.
17.08.
In
zwei Stunden geht mein Zug nach Baia
Mare.
Erzaehl
ich halt noch schnell, wie es mir - nach einem schoenen Spaziergang
durch den botanischen Garten - eben mit einer bettelnden Zigeunerin
ergangen ist.
Ich
loeffelte gerade meine Konservendose mit Erbsen und Huehnerfleisch
leer, da kommt die angeschlurft : „Imi
dai mâncare
“.
Ich soll ihr also was zu essen geben.
Ich
grabe in meinem Rucksack und foerdere einen Rest Weissbrotscheiben
von gestern zutage.
Die
will sie aber nicht. Das waere kein mâncare
. Sie will das, was ich da esse. Das waere
mâncare
. Dai
mâncare
! Gib Essen!
War
aber alles schon alle alle. Die glaubte wohl, ich trage eine
Wochenration Konserven mit mir rum?
Na
ja, ich habe mich dann - ohne das geforderte Bakschisch zu geben -
einfach verzogen. Es sind einfach zu viele, die sich dir auf die
Seele legen. Die Einheimischen geben grundsätzlich nichts.
Die
nicht zu uebersehende Armut hier im Lande ist schon schwer zu
ertragen, die Unverschaemtheit der Bettelei aber auch nicht zu
uebersehen.
Dieser
Tage hat einer sogar das Brot weggeschmissen, das ich ihm gegeben
hatte.
Ich
sollte besser fairerweise hinzufügen, daß es sich um deutsches
Roggenvollkornbrot handelte. Und das mögen noch nicht einmal alle
Deutschen.
- Bis 20. Aug.Sighetu Marmației
Besuch
des Memorials (Gedenkstätte der Opfer des Kommunismus und des
Widerstands)
Hier
in Sighetu Marmatiei, im finstern Herzen der Welt, wurde Elie Wiesel
geboren, ohne den unsere Eltern bis auf den heutigen Tag nicht
wuessten, was und wie ihre Fuehrung Leichenberge zustande gebracht
hat.
12
500 Juden wurden aus diesem "Schtetl" in das Todeslager
Auschwitz-Birkenau verbracht, die sie dann nur durch den Kamin
verliessen.
Dabei
wäre Widerstand durchaus möglich gewesen.
Dänemark
z. Bsp. hat die Unterscheidung zwischen Menschen und einem
nichtswürdigen „NUR“ nicht mitgemacht. („Denk dir nicht
nichts, das ist doch bloß ein...“ )
Als
ab dem 1. Oktober 1943 die dänischen Juden in Konzentrationslager
deportiert werden sollten, wurde in einer beispiellosen
Solidaritätsaktion innerhalb weniger Tage ein Großteil der
dänischen Juden versteckt und von dänischen Fischern über die
Ostsee ins sichere Schweden gebracht. So konnten über 7000 der 8000
Juden vor den Nazis gerettet werden.(Wiki)
Ich
fürchte, Moral ist nichts als die verallgemeinerte Überzeugung der
jeweils Herrschenden. Und dagegen muckt keiner auf, der davon
überzeugt ist, dass die gut für ihn ist.
Der
juedische Friedhof an der letzten - vor ihrer Zerstoerung acht -
Synagogen sieht aus, als ob diesmal zurueckgeschossen wuerde:
Wachtturm und Stacheldraehte auf der Mauer gegen jeden Eindringling
geschraegt.
3.000
Gräber, auch das der Gründer der Chassiden-Bewegung, der
Teitelbaum Dynastie. The Seifen Monument daneben enthält zwei
Kästchen, gefüllt mit Seife, die aus in Auschwitz vergasten Juden
hergestellt wurde.
Kaum
5 Jahre nach den Nazis richteten die rumaenischen Kommunisten hier
ein Gefaengnis ein, das heute als Memorial an Bedeutung nicht hinter
Auschwitz zuruecksteht.
Das
Satanischste, das jemals ersonnen wurde, um eine Person restlos zu
zerschlagen, war hier Praxis bis 1955: politische Gefangene mussten
einander wechselseitig foltern.
Wer
an den koerperlichen Qualen nicht zugrunde ging, verrottete vor
Scham, Ekel und Selbstverachtung. Jenes blutige Gesetz, daß seit der
„Inquisition bis auf die Knochen“ jede Übereinkunft unter
Menschen leicht zerschlagen werden kann, daß Vertrauen auf
wechselseitig Gültiges nur der gepflegte Wahn des Folterers ist,
wird wohl auch in Zukunft die Moral des Folterers stärken.
Die
in diesem Gefängnis gesammelten Zeugnisse eines dennoch vor sich
hinlallenden Geistes (Klopfzeichen als Aufrechterhaltung eines Wir,
und heimlich mit Brombeertinte geschriebene Gedichtsammlungen) rühren
zu Tränen.
Ich
hoere ja schon auf.
Der
Natur der Maramuresch ringsum ist das gleichgueltig. Die macht, was
sie immer macht: Tomaten, die auch danach schmecken, Paprikascoten,
Bohnen, Schafe und Waelder...
Die
prekäre Stellung des Geistes kann man auch sich auch am Kloster
Bârsana
klar machen. So schön es in seiner neuen Aufgebretzeltheit
aussieht, und es mag ja ein „von den Gebeten der Urahnen voller
Ort“ sein. 17 91 wurde es – Zack! - dennoch von den
zwangskatholisierenden Österreichern enteignet: „Geist
ist, was ich dafür erachte und deswegen erlaube.“
Rumänien
ist in diesem Punkt des zwangsverordneten Geistes einfach
schrecklich, weil es immer die Pufferzone zwischen Ost und West und
allen möglichen Ansprüchen von Anspruchsvollen war. Seine
Leidensgeschichte lehrt, die menschliche Rasse noch mehr zu hassen
als unbedingt nötig ist.
Die
Szene macht so etwas allerdings bis auf den heutigen Tag sehr
lebhaft.
Da
laufen normale Europaer rum, also die Jeans und Baumwollhemden der
Armut, und sonstiges Übliches an Klamotten. In baeuerlichen Kreisen
traegt man noch Tracht, allerdings mit moerderischen
Stilettoabsaetzen.
Der
Mann, der auf sich haelt, hat Weste und hoert oben mit Hut auf.
Am
Sonntag wurde wie am laufenden Band geheiratet. Ganz wichtige Sache
das.
Es
gibt sogar eine eigene Live-Sendung ueber Hochzeiten, die dem
Publikum zur Beurteilung unterbreitet werden, welche denn nun die
schoenste waere.
Unuebersehbar
die Zigeunerinnen mit ihren bunten plissierten Roecken.
Hier
in der Maramuresch glaubte man, daß am jüngsten Tag, jeder sein
Grabkreuz mit sich führen müsse. Daher die Holzladenkreuze auf den
Gräbern.
Bunt
bemalt sind sie, und mit spassigen Gedichten gibt der Verstorbene
Auskunft über sich nachsichtig beurteilten Sünder.
Will
nicht vergessen zu erwaehnen, dass ich dieser Tage auch kurz in der
Ukraine
war. Aber bloss ein Vorstoss von ein paar Kilometern. Mit dem Radl
über dieGrenze Europas auf der Theissbrücke. Und alsbald zurück in
die EU.
Konnte
der Versuchung, mir einen Stempel der Ukraine in den Pass machen zu
lassen, einfach nicht widerstehen.
21.
Aug.
Transfer
über die Waldkarpaten in die Bukowina.
Rauf
zum Prislop-Pass wird Reisen ein körperliches Erlebnis.
Auf
der Suche nach dem nächsten Schlagloch Schlangen fahrend, erwischt
der Busfahrer aber auch wirklich jedes. Möglicherweise besteht die
Strasse aber auch nur aus miteinander zusammenhängenden
Vertiefungen unterschiedlichen Volumens.
Man
kann das gute alte Reisegefühl aber auch humorig als „Massage“
wegstecken.
Das
„Buchenland“ beginnt seine namensgebende Vegetation erst sehr
viel weiter unten, etwa ab Gura Humorului.
Vorläufig
verbleibe ich vom
21.
bis zum 22. Aug. in Vama.
Schön
zu wandern hier.
Aber
erst mussten natürlich die Moldauklöster Voroneţ
und Moldoviţa
sein. Ich habe beide an einem
Vormittag abgedient.
In
Moldavitsa war ich am frühen Morgen ganz allein mit der
unbeschreiblich schönen Lage der Baulichkeiten.
Und
einer damenbärtigen Nonne, die wegen des Eintritts herbeigeeilt
war.
Ein
Grenzpolizist verfuhrte mich freundlicherweise die 36 km von
Moldovitsa nach Voronets.
Von
Voronets zurück zur Hauptstrasse habe ich den ersten meiner ab
sofort wichtig werdenden Pferdewagen genommen.
Am
leicht zu entschlüsselnden Bildprogramm der Aussenfresken dieser
Klöster ging mir ein weiteres Licht auf. Dem Gläubigen ist einfach
nichts zu blöd. Denn im Unsinn ist nun mal keine Grenze seiner
selbst auffindbar. Wie schon die Verneinung Un- sagt.
Die
Darstellungen der Geschehnisse des Jüngsten Tages enthalten unten
rechts eine geheimnisvolle Meer- und Wildnisszenerie. Da erbrechen
die wilden Tiere und Meeresungeheuer – sage und schreibe -
menschliche Körperteile, als da sind Hände und Füsse und Beine.
Unter
Aufbietung meiner christlichen Indoktinationsreste gelang es mir,
das Geheimnis zu lüften. Wir werden ja, laut Glaubensbekenntnis,
auferstehen als unversehrter Leib. Und da werden natürlich die
Menschenfresser zu Lande und im Wasser wieder hergeben müssen, was
da seinerzeit verzehrt und verstümmelt wurde.
Das
glaubt ihr nicht?
Da
schaut doch hin! Da ist es aufgemalt.
Ach,
das sei bloß symbolisch zu nehmen?
Vorsicht!
Die Herausforderung an die unbedeutende Kleinigkeit des Verstandes
im Dogma der „Auferstehung des Fleisches“ so zu verharmlossen,
wird euch noch die Exkommunikation eintragen.
23.
Aug.
Fuer
den Transfer von 50 km von Vama nach Suceava
habe ich mit dem Zug zwei Stunden gebraucht.
Die
letzten Tage waren sehr schoen. Liebliche Landschaft, diese Bukowina,
und die Klosterkirchen und -bezirke sind zu Recht so beruehmt. Aber
hat man eine gesehen, hat man alle gesehen.
Hab
mich deswegen an den naturnahen Charme der Doerfer gehalten: das
Dengeln von Sensen, Saegegeraeusche, Gaenseriche, die mir warnend
aggressif zuzischen, ich soll bloss wegbleiben von seinen Gaensen,
Huehner nehmen ein Sandbad. Wie in meiner Dorfkindheit vor 60 Jahren.
Anheimelnd.
Na
ja, das wirklich Interessante ist der Zusammenprall von einem
baeuerlich gepraegtem Leben der Menschen in der Bukovina - wie bei
uns vor 60 Jahren - und dann sieht man z. Bsp. so hornige Haende im
Zug - nebenan lehnt die Geissel und der Spaten - und dann bearbeitet
so einer zart sein Handy, das schon auch mal hoch vom Heuwagen herab
bimmelt.
Suceava
ist die uninteressanteste Stadt, die ich jemals gesehen habe.
Es
ist ein bisschen niederdrueckend zu sehen, dass, was hier nach
Vernachlaessigung aussieht, in Wirklichkeit von Anfang an nie
ordentlich und richtig gemacht worden war.
Dieser
"Das-tuts-doch-auch-Standpunkt" widerstrebt einfach meinem
deutschen Gemuet. Bin da ein richtiger Spiesser angesicht der
allgegenwaertigen Schlamperei.
Aber
den billigsten Haarschnitt aller Zeiten habe ich mir beim Friziere
verpassen lassen: 1 Euro 15.
24.08.
Komme
gerade aus dem Kloster Dragomirna. War
schon eins der schoeneren Erlebnisse.
Auf
der Busfahrt stritt sich eine Zigeunerin mit einem renitenten
Busfahrer. Als eine zweite Zigeunerin ebenfalls mit in den Kampf
gegen den Chauffeur zog, war dessen Lautstaerke aussichtslos
unterlegen. Er konnte sich nur durch das Aufdrehen der maximalen
Lautstaerke seines Radios aus der Affaere ziehen.
Es
ging wohl um die Anzahl der Kinder, fuer die gezahlt werden muesse.
Hat der Buschauffeur gemeint, da waere eines von den Baelgern einer
Zigeunerin zu wenig bezahlt worden.
Ab
sofort gab es einen ziemlich langen Hoerspieldialog mit
Handgreiflichkeiten. Erst als sich eine zweite Zigeuerin ins verbale
Getuemmel mischte, war der Fahrer hoffnungslos unterlegen. Er konnte
sich gegen das ziemlich laute Unaufhoerliche nur durch Aufdrehen des
Radios auf volle Lautstaerke zur Wehr setzen.
In
der Tat haben diese morgens zum Betteln ausschwaermenden
Zigeunerinnen eine ganze Schar Blagen um und mit sich
(praktischerweise das Kleinste in ihrem Bauch). Mindestens aber noch
eine aeltere Halbwuechsige, die man mit dem Saeugling auf der Huefte
losschicken kann, wenn der nicht gerade wonniglich schmatzend an
ihrer Brust sich saettigt.
Ich
war da in die morgendliche Fahrt zum Arbeitsplatz Bettelecke geraten.
Von allen Seiten hoerte man das Schmatzen der Saeuglinge an Bruesten,
die mir – nach Autopsie - auch gut gefallen haetten.
Praktischerweise
fuehrten die nahrhaften Naehrerinnen das kleinste ihrer Blagen im
Bauch mit sich. Die aeltere Schwester, entweder ausgeliehen oder
eigen, wurde mit einem Baby auf der Huefte versehen und an passender
Stelle abgesetzt.
Mama
selber hat ihren eigenen Arbeitsplatz.
Die
aus Selbstschutz ironische Darstellung sollte nicht darüber
hinwegtäuschen, dass die Armut der an den Rand der Ökumene
gedrängten Roma andere Überlebenstechniken nicht zulässt.
25.
Aug.
Târgu
Neamț.
Ich
merke, dass dieser Bericht einfach zu lang wird und nicht für jeden
wichtig genug. Ich biete ab hier eine skizzierende Kurzfassung.
28.08
heute
der erste richtige Regentag, wo man ans Haus gefesselt ist.
Gute
Gelegenheit, ein paar Erinnerungen aus den letzten Tagen
rauszukramen.
Es
ist meistens kein Problem, mit dem Bus ein Kloster anzusteuern.
Zurueckzukommen aber schon.
Da
muss man die Beine schwingen und hoffen, dass ein Pferdefuhrwerk
vorbeikommt, das man entern kann.
Denn
die neureichen Rumaenen (leicht erkennbar an den neuen Autos) geben
einem Tramp keine Chance.
Je
aelter das Auto, um so groesser die Chance, mitgenommen zu werden.
Die Armen dieser Welt halten halt zusammen.
Habe
also viele schoene lifts auf Caruzzas verbracht. So auch vorgestern,
als es durch die grandiose Bicaz-Schlucht ging.
Die
Kloesterei geht einem ganz schnell auf die Nerven. Schoen schon, aber
ueberall das selbe Programm. Es ist die Anlage in manchmal
wunderschoenem Ambiente und der gepflegte, blumengeschmueckte Komplex
selber, der Frieden und innerliche Ruhe vermittelt.
Die
Nonnen lassen mich nicht mit meinen unkeuschen, nackerten Beinen aufs
Gelaende. Ich muss mir einen Wickelrock umbinden, bevor ich da
rumlaufen darf.
30.08.
Mitleidige
Gruesse an alle, die hier nicht sein können, aus dem schoenen
Bukarest.
Da
hat das betuchte Grossbuergertum um 1900 herum ein Paris des Ostens
geschaffen in Banken, Athenaeen und Casinos,deren Prunk ich liebe:
opulent, fuellig. Die Dekorationsformen sind abgeleitet aus den
Formen reifer, fleischiger Frauen.
Kannst
Dir denken, dass ich da hin und weg bin von soviel Ausladentheit.
Macht
mich geradezu ein bisschen beschwipst. Kommt hinzu, dass vor dem
Radisson – Hotel huebsche junge Frauen ihre Gesellschaft
offerieren, oder zumindest ihre Telefonnummer fuer das naechste Mal
bei Desinteresse.
Und
das mir altem Gockel!
Die
nächtliche Anmache vom Vortag hat eine Fortsetzung. Ein Anreisser
vor dem Radisson fragt mich am hellichten Tag an der selben Stelle,
ob er etwas für mich tun könne:
-
„Nice girl for company?“
- „No interest, thanks.“
Kleine
Pause.
- „Perhaps a nice boy?“Der Mann bediente sich einer naheliegenden Handlungslogik.
- -“No interest, thanks.“Einen weiteren Moment lang war er ganz perplex. Dann:
- „Drugs?“Lachend über soviel hartnäckige Geschäftstüchtigkeit ging der alte Mann seiner Wege.„Dacă smerindu-te pe sineţi vei zice cuiva: “Iartă-mă”, atunci arzi pe draci.“
- Wenn du in Demut leidend zu einem sagst “Verzeihe mir“, verbrennst du den Teufel.
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