Donnerstag, 26. September 2013

ROMANE


Liegen auf halbem Wege zwischen bewußtlosem Nachvollzug der mythisierten Notwendigkeiten und dem Verstummen.

Suchbewegungen der Selbstbehauptung.

Im Alter erzählt meine Mutter unentwegt an ihrem Roman, der ihre Tüchtigkeit unter widrigen Verhältnissen zum Sujet hat, aus dem hervorgeht, daß es die ihr sehr wohl bekannte Armut heute gar nirgendwo nicht gibt.

Gegen diese Sorte Romane spricht, daß es dann auch keinen Reichtum geben kann, an dem die Armut ja erst ihr objektives Maß hätte.

Der Drachen an der Leine


Das ist ein hübsches Bild, wenn man eine schlagkräftige Umgehung jeglichen Arguments für jedwedes eingerichtete Gehorsamsverhältnis in Religion und Moral braucht. 
Leuchtet doch unmittelbar ein, daß die Leine geradezu die Voraussetzung für das Steigen des Drachens ist, und nicht etwa eine verdrießende Gängelung.

Persönlich ziehe ich dennoch vor, meine eigenen Pirouetten hinieden zu drehen.
Mir waren nämlich schon die seinerzeitigen Strippen an mir seinerzeitiger Marionette zu viel.
Und wenn ich schon unbedingt in die Luft gehen will, dann mit einem erstrebenswerten Reiseziel, und nicht als Spielzeug jeden dahergelaufenen Dödels, der mich kunstvoll hierher oder dorthin zerrt.

Dass ich zudem als zum Drachen Gemachter von einem Mindestmaß an Luftbewegung abhängig wäre, verdrösse mich ungefähr drei Viertel des Jahres, die ich unbeachtet - in einer finsteren Ecke der Garage verstaut - meiner gelegentlich abgerufenen Bestimmung entgegenharrte.


Und da sind wir noch nicht einmal bei den von Gott befohlenen Angriffskriegen und Völkermorden, die anscheinend nicht unter die segensreiche Leine Tötungsverbot fallen. 

 Geneigter Leser.
Bin dann mal wieder eine Woche in den Alpen wandern.

Parteienvertreterwahlkreuzlablieferungssonntagsdemokratie


Ein Wort wie das, wofür es steht.


Ich ficke ja auch lieber, und das vorzugsweise zu zweit.

Aber die Natur hat uns da sehr enge Grenzen gesetzt.

Was also machen - um Himmels willen - in der verbleibenden Zeit die anderen, wenn sie sich schon weigern, noch nicht mal was Falsches zu denken.


Mittwoch, 25. September 2013

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

1. Keinen Bausparvertrag abzuschließen.
2. Seine Stimme nicht abzugeben.
3. Sich mit Pazifismus zu beflecken.
4. Kaffeepads nicht wie Hostien zu schlucken.
5. Dem Kompromiss kompromisslos seinen Arsch zum Lecken anzubieten.
6. Alle Lebewesen für eine Art Mensch zu halten.
7. Gott mehr zu lieben als die Menschen.

Denn siehe, alles, was von Menschen allgemeinverbindlich geschehen gemacht wird,
ist es wert, von anderen Menschen befolgt zu werden.

PENTRU CE?


Im Rumänischen steht diese Partikel für „Wofür?“
Aber auch für „Warum?
Kann diese Sprache nicht Grund und Zweck auseinanderhalten?

Dann ginge es ihr wie unseren Normalos.

Wofür soll das gut sein?“ fragen sie. Wobei sie meinen, dass sie normalerweise sich nur für Handfestes interessieren, wo auch was für sie bei rumkommt, denn nur sowas Vernünftiges gibt ihnen auch gleichzeitig den Grund jedweder Veranstaltung ab.

Die Verwechslung der individuell gefassten, aber aufgedrungenen Zwecke mit der Wohlmeinendheit, dass das auch schon ihr Grund wäre, ist das ganze Geheimnis eines brav eigenhändig gefälschten Bewußtseins.

Dienstag, 24. September 2013

Den Morgenlandfahrern


mag man als Spinnern feind sein.

Aber in ihrem Sprechen über Dinge, 
die nicht da sind, als ob sie wären, 
haben sie eine Kampfform entwickelt, 
die ohne Feind auskommt.

Allerdings auch ohne Sieg.
Ausser dem über sich selbst.




Wer keinen Wert darauf legt, mit dem Menschenvieh zu leben, 
der kann immer noch von ihm leben.

Wer beides nicht will, gilt beiden als Spinner.

Montag, 23. September 2013

Den Deutschen


müsste man verbieten, Diener zu werden. 
Dann klappt das garantiert mit seiner Emanzipation von den Ketten, die er für Siegergirlanden hält.

Aber wäre das nicht....?

Also gut, verbauen wir ihnen absolut jede Möglichkeit, in die Klasse der Diener aufzusteigen.






Götter und Götzen


Idole treten den Beweis an, daß ein durchmythisiertes Bewußtsein vollkommen richtig liegt.

Die darauf eifersüchtigen Götter fassen sich derweilen klug in Geduld bis sie - gänzlich ohne Beweis - das Ende des bösen Lieds einfahren.

Jugend


Ein hochbrisantes Energiepotential, das  -  wegen seiner begeistert genährten Nachhaltigkeit - noch nicht einmal die vorsorglich strategisch positionierten Mühlen werden drainieren können.

Aber Gottseidank geht sie auch endlich mal vorbei.

Sonntag, 22. September 2013

Ein ausgewachsener, wuchernder Wertecorpus


sichert die Untauglichkeit des davon befallenen Kopfes
für eine Analyse der Lage.


Auch die dichteste Argumentation
zerschellt an einem dichten Gehirn.

FECIOR


Im Rumänischen ist das Wort für den "Sohn" und den "Knecht" identisch.

Gedacht hat mein Vater genau so.

Die Unfähigkeit des Normalos zwischen dem Phänomen der Macht und der staatlichen Gewalt zu unterscheiden, geht vermutlich auf das Einleuchtende der Wucht zurück, mit der eine allgemein erfahrbare Machtunterworfenheit hinein in eine gewaltsam aufrechterhaltene Machtunterwerfung ohne jede Emanzipationsaussicht tradiert wird.

Wenn es einem gelingt, sich einzureden, dass seine Zwecksetzungen auch schon der Grund des Gemeinwesens seien, in das es ihn verschlagen hat, dann ist der zwar ein Idiot, aber mit Sicherheit glücklich.

Sollten sich die ewigen Durchblicker darüber beschweren, daß Grund und Zweck nur in der Staatsideologie zusammenfallen gemacht werden, so sind sie nicht nur unglücklich, sondern auch blöde, von ihrem Ideal Übertölpelte.

NIHIL SINE DEO

 (Motto des Nationalmuseums in Bukarest: NICHTS OHNE GOTT)

Also auch den nächsten Raubzug auf dem Globus selbstverständlich MIT IHM.

Rumänienreise

Rucksackreise durch Rumänien
(Der nachträglich ergänzte Zusammenschnitt von e-mails erklärt die manchmal merkwürdige Schreib- und Sprechweise.)

  1. Aug.
    Flug nach Bukarest.
    Erste Eindrücke: Der Nationalpalast ist kein Gebäude, sondern ein menschgemachtes Gebirge, von einem Größenwahnsinnigen in Auftrag gegeben.
    Andererseits: Der gewaltige Gaul, auf dem Carol I. auf gewaltigem Sockel ins Nirgendwohin reitet, hat einen Hodensack von zweimal der Größe meines Kopfes. Und da reden sie von der Gigantomanie von Faschismus und anderen Volksreligionen!
    Der Cismigiu-Park: sehr populärer Treff der Generationen.
    Am Querschnitt durch die Bevölkerung fällt mir altem geilen Bock natürlich vor allem die feinporige glatte Haut eines bestimmten Frauentypus auf. Vielleicht ist das aber auch nur die willkommene Kompensation für die aufdringlich baufälligen Strassenzüge.
Ach ja, und die Wiederbegegnung mit dem nicht sehr vertrauenswürdigen, bröseligen rosa Klopapier nicht zu vergessen.
  1. Aug.
    Sinaia.
    Mal einen Besuch bei „Königs“ in einem putzigen Fachwerkschloss (Peleș) gemacht.
    Da wurde im 19. Jhdt. ein deutscher Adliger, der sonst doch nur herumgelungert hätte wie Seinesgleichen sonst auch, nach Rumänien importiert, auf dass er über die Rumänen als Carol I. herumkönige.
    Die hesychastische Klosteranlage von Sinaia (nomen est omen!) jedoch ist ein in angenehmer Weise herabbremsendes Ambiente.

  1. Aug.
Wunderschoene Bergfahrt im Bucegi (Omul 2505 m).
(Den Hyperlink durch Rechtsklick aktivieren und öffnen)



Auffahrt mit Telecabina zur Bergstation Cota 2000. Und dann das vor mir herrollende Plateau bis zum Omul.
Weiss gar nicht wie ich ums Schwaermen über die bizarren Formen herumkommen soll. Charakter: Almbummel mit dramatischen wüst-wilden Szenerien.

Da habe ich mir ein schoenes Geburtstagsgeschenk gemacht.
Na ja, mit Einschraenkungen. Die Sonnenbrille auf der Bergstation beiseitegelegt, liegengelassen, zurueckgekehrt nach 5 Minuten, geklaut.

Mit Schwund muss gerechnet werden.
Ausserdem waren alle Hütten, ausser der sehr urtümlichen Caraiman-Hütte, belegt.
Hygienebewußte Menschen seien ausdrücklich vor dieser Cabana gewarnt.

  1. Aug.
    Abstieg über Piatra Arsa – Poiana Stanei Regale.
    Aussagekräftiger link:
    Begegnung mit einem gebildeten Rumänen, der mir die Weltgeschichte aus rumänischer Sicht erklärte.
    Lief in allen Punkten darauf hinaus, daß alles Wichtige und Wesentliche auf dieser Welt eigentlich den Rumänen zu verdanken sei.
    Was ich mir dabei denke: Seit 3 Mio. Jahren gibt es den Homo.
    Seit 2 Mio. taucht der in Georgien auf.
    Seit 600 000 neandertalt er, sein Habitat gestaltend.
    Seit 100 000 heißt er der „Sapiens“, der Weise, Wissende.
    Das merkt man aber eher nicht.


5.08.
Heute ein selbstausgedachtes Ding hinter mir.
Rauf auf irre steilem Pfad, eine Stunde lang, dann freies Gehuegele mit Blick über das Prahovatal auf die Steilabbrueche des Bucegi von gestern, runter zu einer Sennerei, die Hunde haben was dagegen, der Senn meint, die beissen nicht.
Dann runter auf eben so steilem Waldweg.
Da bellt mir ein Hund entgegen, jetzt sind es schon zwei, jetzt drei...bei 7 belfernden Koetern war Schluss.
Kommt ein Pferdewagen mit Senn und Milchkannenwagen von unten rauf. Mindestens 30 Grad Steigung.
Unglaublich!
Mit den Schäferhunden bin ich klargekommen, nachdem ich herausgefunden hatte, daß man ihnen nicht mit dem Stock drohen darf. Das macht die nämlich erst  richtig scharf. Wenn du ruhig stehen bleibst, bellen die dich zwar pflichtschuldigst an. Dann wird es ihnen aber schnell zu langweilig und sie schauen in eine andere Richtung, ob da was Interessanteres ist.

Insgesamt sehr schön anstrengend. Die Rumänen sind nämlich der Ansicht, daß oben da vorne geradeaus ist. Die Serpentine als zivilisierte Entschärfung der Steigung ist hier eher unüblich, wenn auch nicht gänzlich unbekannt.

06. Aug.

 Transfer nach Busteni

Dass ich Dir schreibe, wies mir geht!
Sitze hier in einem Pavillon, umgeben von wucherndem Gruen: Dahlien, Geissblatt gelb und weiss, Rosen, Rhododendren, Kerrien ...
Himmlische, laendliche Ruhe am Computer des Vermietersohns.
Ich habe es gut getroffen.
War hier mit dem Sammeltaxi angekommen und fragte auf der ersten Terrasse eines Cafes nach der Pension. Da sass ein Freund des Hauses dabei.
Handyanruf. In einer Viertelstunde wurde ich mit dickem Auto abgeholt.
Bis dahin hatte ich schon Freundschaft mit Eugen, Daniel und Konstantin getrunken.
Wie gesagt: ich habe es gut getroffen. Auch mit den 35 Grad Celsius wird man hier gut fertig. Es ist eine trockene Hitze - und jetzt streicht sogar ein sanftes Lueftchen vorbei.

Morgens auf dem Markt: saemtliche Beeren in Massen, sogar Sanddorn. Die Blaubeeren bilden ganze halbmeterhohe Berge.

Fahrkarte nach Brasov, raus aus der Walachein, hinein ins Transsilvanien fuer morgen schon gekauft, sonst laeuft man Gefahr, dass man keinen Platz mehr kriegt. Hier gibt es in den besseren Zuegen nur resevierte Plaetze.

07.08.
Tja, Schluss mit dem huebschen Dschungel aus Lilien und  .. und ...und.
Bin im heissen Brașov, (ehemals Kronstadt).Die Bleibe hier (Casa Ober) ist nicht das Gelbe vom Ei, sondern ein schon etwas angegangenes, und seinen Preis nicht wert.
Uebermorgen wechsele ich aber die Unterkunft zum Kismet-Dao-Hostel. Vielleicht habe ich da mehr Glueck.

Jetzt ist erst mal Kultur angesagt. Also kuehle Kirchen und Museen. Orgelkonzert in der Schwarzen Kirche
Es ist halt schön hier.

08.08.
Heute bin ich 2 1/2 Stunden rauf auf einen Berg namens Postavarul.
Wie ueblich unangenehm und ungemuetlich steil. Die Alpen sind sehr viel ziviler mit ihren Entschaerfungen der Steigung. Hier geht es rauf, wo es eben rauf geht.
Superdirittissima.. Gnadenlos. Ruecksichtslos gegen die älteren Semester.

Aber man ist in einer Stunde jenseits der Waldgrenze, da wo es rundum schoen ist. Weiden und Felsen.

Runter zur Poiana (Bergwiese) Brasow mit der Seilbahn.

Dort ein hervorragend schmeckendes Bratenstueck Baer verspeist.
Hat mir gar nicht leid getan um den. Erstens laufen die sowieso zu Tausenden durch die Waelder der Karpaten, und tot war er ja eh schon.
Wie er geschmeckt hat? Der schmeckt wie er aussieht. Wenn man ihn anschaut, hat man gleich das Gefuehl, der muesste eigentlich ganz gut schmecken.
Und das war nicht irgendwas anderes?
Hirsch und Pferd und alles andere kenne ich, also muss es doch wohlschmeckender, zarter Baer gewesen sein.

Bloss dieses scheiss-schoene-Wetter geht mir langsam auf den Geist. Das ginge doch auch unter 30 Grad!

09.08.
Schoenen guten Morgen,
 Habe gerade im Hostel eingecheckt, habe freien Kaffee und Muesli geschlampampt, und der Computer ist auch gerade frei.
Schoen hier.

Gehe jetzt zum Bus. Heute ist die Bauernfestung Rasnow (gegen die hier jahrhundertelang sich uebel auffuehrenden Tuerken) als Wanderziel dran.

Später am Abend:
war keine so gute Idee, ohne Karte in den Waeldern aufs Geratewohl herumzustoebern.

Ich war heilfroh, wenn ich ueber Zivilisationsspuren stolperte ( Bierdosen, Sch....haufen). Das konnte also so falsch nicht sein.

Diese -  nach vier Stunden endlich erreichte Bauernfestung - ist eine richtige kleine Stadt. Sehr eindrucksvoll. 
Eine phantastische Kulisse fuer rumaenische Heimatfilme.

Viel Hatscherei aber, mehr so als Training, kein wirkliches Highlight.

Der Reisealltag hat mich wieder.

10.08.
Um der Hitze zu enfliehen, bin ich mit dem Zug eine halbe Stunde rauf zum Predeal-Pass gefahren.
Das ist so eine Art Brenner, der hier die Walachei von Transsylvanien trennt.
Klimatisch einfach angenehmer.

Rummachen auf eigene Faust in den Waeldern. Spannend.
Diesmal haben aber die Plastiktueten und die Zigarettenschachteln nur zu einem Rastplatz der Waldarbeiter gefuehrt.
Ich also durchs Gebuesch rauf und rueber, wo ich einen Pfad vermuten durfte. Selbst Buchen koennen aber ein ganz schoen dichtes Dickicht produzieren.
Auf einmal bricht was Groesseres laut und in grosser Eile vor mir auf und weg. Gottseidank hat das nach Wildsau gerochen und nicht nach Baer.

Von den Baeren gibt es hier – wie gesagt - Tausende in den Waeldern der Karpaten, und die Einheimischen lachen sich kaputt ueber Wichtigmacher, die Problembaeren abschiessen lassen.

Morgens ein komisches Ereignis. Ein Tourist auf Fahrradl faehrt eine kleine Schraege vom Trottoir runter zur Strasse. Ploetzlich gibt das Vorderrad unter ihm nach, und der entstandene Achter bringt ihn zu Fall. Er hat dann das Vorderrad mit Armeskraft wieder einigermassen gerade gebogen, damit er das eiernde Ding ueberhaupt vom Ort wegbewegen kann.
Hat ein Taxi angehalten und das marode Ding verstaut. Vermutlich, um ein ernstes Wort mit dem Verleiher zu reden.

Das kann jetzt aber wirklich nicht am - so was von toten - Kommunismus liegen, dass solcher Schrott produziert wird.

11.08.
Heute mal wieder Kultur.

Hab Prejmer (fuer die Siebenbuerger Deutschen: Tartlau im Burzenland) besucht. Das ist die oestlichste Werhrkirche / Kirchenburg Europas. Sehr eindrucksvoll.
Die Notwendigkeit solcher Anlagen ergab sich seit ewa 1420, als die Tuerken meinten, hier im Westen gaebe es ja auch noch Steuerzahler, die man mit Mohammed begluecken koennte.
Die Mauern und die Kirche sind fuenf Meter dick und 12 Meter hoch. Darin befindet sich für Belagerungszeiten genügend Proviant und alle nuetzlichen Gewerbe haben ihre Werkstaetten, einschliesslich des Schulmeisters mit seiner Schule.

Die Kirche selber weist eine interessante Kanzel auf. Da sind nicht nur Glaube, Hoffnung und Liebe den suendigen Herren in Erinnerung gerufen, sondern auch die Bestaendigkeit und komischerweise auch der LOHN:

" Halt, was du hast."

Als ob man ausgerechnet das den Herrschenden anraten muesste, die eh alles haben.
Fuer dieses Grenzlandvoelkchen hat das aber wohl die Bedeutung, sich in die Erde zu krallen und am Erlittenen auch um den Preis des eigenen Lebens festzuhalten. Die Toten des ersten Weltkriegs werden jedenfalls in grossen Ehren gehalten.

Dann bin ich mit dem Daumen nach Harman (Honigberg), zur naechsten Kirchenburg gereist. Eine halbe Stunde von der Kreuzung zur Wehrkirche. Allerdings unter einer schattenspendenden Lindenallee. Etwa zwei Meter breit. Halt dass gerade ein Pferdewagen durchkonnte. War den nachhaltigkeitsbewussten seinerzeitigen Vaetern von Honigberg sehr dankbar fuer ihre Weitsicht. Denn diese beiden Orte (Tartlau und Honigberg) liegen in einer sehr heissen Ebene. Die Gerste ist schon eingefahren. Nur der Mais reift noch. Der Hollunder ist hier schon schoen schwarz.

Nachmittags stapfte ich auf den hiesigen Hausberg, die Tâmpa . Ist mir ziemlich schwer gefallen, trotz Serpentinen. Das uns versprochene Gewitter ist ausgeblieben. Und ich hatte natuerlich den schweren Poncho und den Regenschirm sicherheitshalber mit.


13.08.
Gestern war ich nach Schaessburg (Sighisoara) gefahren.
Irgend so ein hübsches Weltkulturerbe, was das historische Stadtbild betrifft. Aber da waren mehr Japaner und Chinesen als Einheimische.

Die Touristeninformation, mit der ich eigentlich gerechnet hatte, war tot.
Einfach ausgefallen, wie in allen andern Staedten bisher auch.
Kulturservice ist eben das erste Krisenopfer in Armut dahinsiechender Staaten.
Kein Fahrrad, kein nix.

Also nichts, was mich hätte halten können.
Bin also nach Sibiu mit dem Bus verzogen.

14. Aug
 Eine Ausstellung zum Judentum unter dem NS in der Sakristei der- wegen neuer Eindachung - geschlossenen Kirche.
Ich zitiere aus dem Gedächtnis einen SS-Offizier Fritsch, der die Juden im KZ begrüßt: „Ihr seid hier nicht in der Sommerfrische, sondern in einem deutschen Konzentrationslager, das ihr nur durch den Kamin verlassen werdet. Wem das nicht gefällt, der kann ja in die Hochspannungsdrähte des Zauns springen.“
Denkt man sich die bisherige Erdgeschichte als ein Jahr, dann gibt es die überaus erfolgreiche menschliche Rasse seit ungefähr 15 Minuten vor Neujahr.
Unschwer vorherzusagen, daß die Erde das gerade laufende nächste Jahr nicht überleben wird.

Im sehr sehenswerten Brukenthal -Museum hat mich vor allem ein Maler, über den ich immer wieder stolpere, nämlich Alessandro Magnasco, fasziniert. Seine bizarren, dramatischen Landschaften, Ruinen und verqueren Themen, in denen auch Menschen unter sehr viel Interessanterem, Anderem vorkommen, haben nur am Rande mit den angeblich von allen geteilten Überzeugungen zu tun.
Er pflegt nämlich ein sehr eingeschwärztes Menschenbild, das aber von St. Petersburg bis Gesamteuropa, Amerika und Tokio seine Liebhaber gefunden hat. Diese wie Flammen sich verzehrenden Figuren verwehen, als ob der Trieb sie in Kontorsionen vor sich herprügelte. Das macht sogar vor den Heiligen nicht halt: Fanatiker allesamt. Die Welt ist eine von den glühenden Scheiterhaufen angezündeter Städte erhellte Nacht.

    15. Aug.
    Ausflug in die Cindrel-Berge nach Paltinis.
    Charakter der Wanderung: „Schwarzwald“ mit vielen Hochweiden, die aber entweder bereits langsam verbuschen oder von ihren neuen Eigentümern für den Verkauf eingezäunt werden. Jeder Pfahl ein Pflock in mein Herz... Gekommen war ich eigentlich wegen der Weite der Weiden und dem illusionären Gefühl der Freiheit, das sie vermitteln.

16.08.
Also ich sitze hier erst mal geborgen hinter einem Computer-Terminal in Cluj. (Klausenburg)

Der heutige Transfer von Sibiu war die Hoelle, ein permanenter Angriff auf saemtliche Sinne.
Der Fahrer bestand auf seiner Lieblingsmusik, einer Art rumaenischer Populaermusik, die an Pimitivitaet und Lautstaerke nur von unseren Rappern uebertroffen wird.
Links neben mir erledigte ein Ungarsprachiger (hier - neben Rumaenisch - das Normale) seine Geschaefte, rechts von mir ein Paerchen, das - in dem Alter verstaendlich - nicht die Finger von sich lassen konnte und sich auch sonst jede Menge zu sagen hatte.
Links vor mir las man Erbauungsliteratur des radikalen Christentums. Das war wenigstens geraeuschlos. Es sind übrigens auffällig viele Frauen, die in Erbauungsbüchern lesen. Die Männer hingegen tragen Bierbäuche.

Der rumänische Absurdist Ionesco hat schon recht mit seiner Beobachtung, dass Ideologien uns trennen, und Träume und Ängste uns einen.
Dummerweise erzählen uns aber diese vorbewußten Sphären keineswegs, was wir denn nun machen sollen. Ein pompöser Gedanke als Rohrkrepierer!
Gedanke heißt im Rumänischen übrigens „Idee“. Da kann man mal sehen, was diese Sprache davon hält. Die Erfahrung der Nutzlosigkeit des Denkens gibt ihr aber recht.

Aber zurück zu den Attacken auf meine Sinne. Und jetzt kommt es hart! Hinter mir machte sich eine Mutter mit drei geraeuschvollen Kindern breit. Die - ich kann es Dir nicht ersparen, ich musste das ja auch dreieinhalb Stunden aushalten - roch zwischen ihren Beinen hervor wie die Hochzeitsnacht eines Fischmarkts mit einer Muellhalde.

Wenn es irgend geht, werde ich ab sofort lieber die Bahn nehmen, obwohl die noch laenger braucht.

Hier im Internet-Cafe raucht einer ein scheussliches Kraut neben mir.
Das halte ich nicht lange aus. Von dem rhythmischen Laerm hier schon mal abgesehen.

Mein Eindruck von der Mentalitaet der Rumaenen ist bisher: die haben eins an der Waffel. Das ist ein ziemlich bizarrer Haufen, der allen in allem recht gibt, um dann aus der Komposition von allem Möglichen einen Rest von Selberheit aggressiv in die Welt zu tragen. Soviel zur Architektur dieses Landes.
Was ein Rumäne denkt, ist etwas ganz anderes, als das, was er schreibt. Zu unterscheiden ist davon dann noch einmal das, was er tut.
Am besten, man verlaesst sich hier auf kein erwartbares Verhalten. Sonst ist man im Verkehr sowieso gleich tot.

Also jetzt reicht es mir. Ich gehe.

Spaeter, in einem anderen Internet-Cafe.
In Cluj ist mir übrigens der Witz am Nationalismus aufgegangen.
EXISTENTA
UNUI POPOR
NU SE DISCUTA,
SE AFIRMA!
Steht so zu lesen an einem Denkmal an der Piata Unirii.
„Ob es ein Volk gibt, diskutiert man nicht. Man affirmiert es.“

Man behauptet also seine Existenz. D. h. man setzt ein Sein ins Wort und steht mit seinem Kopf dafür grade.
Noch nie wurde die Wahrheit über den Nationalismus als moderne Staatsreligion so unverblümt in aller Öffentlichkeit ausgesprochen.
An Blutzeugen für die Einlösung dieser intellektuellen Schweinerei mangelt es gerade in Cluj nicht: Die sozialrevolutionären Märtyrer „Horea, Closca şi Crișan“ sind als Identifikationsangebote hier allgegenwärtig.
Und die 89er-Revolution hat am anderen Ende des selben Platzes 26 Bronzesäulen mit symbolischen Einschusslöchern zur Feier des Heroismus gesetzt bekommen.

Man geht wohl nicht fehl, wenn man interessierte Kreise annimmt, die den lieben Mitmenschen ein Gedächtnis machen möchten, dessen Inhalt sie damit zu bestimmen suchen.
Was sie nicht in der Hand haben, ist die Deutung, welche die abhängige Interessenlage diesem Versuch gibt. So ist die gegenwärtige Interpretation der Demokratieverlierer natürlich eine haarsträubend abweichende von der offiziell gewünschten.
Die Semiologie der Staatsmoral hat so ihre „Kulturobjektivationen“, kann aber wirklich heilfroh sein, daß sie darüber hinaus auch noch die Macht hat.

17.08.
In zwei Stunden geht mein Zug nach Baia Mare.

Erzaehl ich halt noch schnell, wie es mir - nach einem schoenen Spaziergang durch den botanischen Garten - eben mit einer bettelnden Zigeunerin ergangen ist.
Ich loeffelte gerade meine Konservendose mit Erbsen und Huehnerfleisch leer, da kommt die angeschlurft : Imi dai mâncare. Ich soll ihr also was zu essen geben.

Ich grabe in meinem Rucksack und foerdere einen Rest Weissbrotscheiben von gestern zutage.
Die will sie aber nicht. Das waere kein mâncare . Sie will das, was ich da esse. Das waere mâncare . Dai mâncare ! Gib Essen!
War aber alles schon alle alle. Die glaubte wohl, ich trage eine Wochenration Konserven mit mir rum?

Na ja, ich habe mich dann - ohne das geforderte Bakschisch zu geben - einfach verzogen. Es sind einfach zu viele, die sich dir auf die Seele legen. Die Einheimischen geben grundsätzlich nichts.

Die nicht zu uebersehende Armut hier im Lande ist schon schwer zu ertragen, die Unverschaemtheit der Bettelei aber auch nicht zu uebersehen.
Dieser Tage hat einer sogar das Brot weggeschmissen, das ich ihm gegeben hatte.
Ich sollte besser fairerweise hinzufügen, daß es sich um deutsches Roggenvollkornbrot handelte. Und das mögen noch nicht einmal alle Deutschen.

  1. Bis 20. Aug.
    Sighetu Marmației
 Besuch des Memorials (Gedenkstätte der Opfer des Kommunismus und des Widerstands)
Hier in Sighetu Marmatiei, im finstern Herzen der Welt, wurde Elie Wiesel geboren, ohne den unsere Eltern bis auf den heutigen Tag nicht wuessten, was und wie ihre Fuehrung Leichenberge zustande gebracht hat.
12 500 Juden wurden aus diesem "Schtetl" in das Todeslager Auschwitz-Birkenau verbracht, die sie dann nur durch den Kamin verliessen.
Dabei wäre Widerstand durchaus möglich gewesen.
Dänemark z. Bsp. hat die Unterscheidung zwischen Menschen und einem nichtswürdigen „NUR“ nicht mitgemacht. („Denk dir nicht nichts, das ist doch bloß ein...“ )
Als ab dem 1. Oktober 1943 die dänischen Juden in Konzentrationslager deportiert werden sollten, wurde in einer beispiellosen Solidaritätsaktion innerhalb weniger Tage ein Großteil der dänischen Juden versteckt und von dänischen Fischern über die Ostsee ins sichere Schweden gebracht. So konnten über 7000 der 8000 Juden vor den Nazis gerettet werden.(Wiki)
Ich fürchte, Moral ist nichts als die verallgemeinerte Überzeugung der jeweils Herrschenden. Und dagegen muckt keiner auf, der davon überzeugt ist, dass die gut für ihn ist.

Der juedische Friedhof an der letzten - vor ihrer Zerstoerung acht - Synagogen sieht aus, als ob diesmal zurueckgeschossen wuerde: Wachtturm und Stacheldraehte auf der Mauer gegen jeden Eindringling geschraegt.

3.000 Gräber, auch das der Gründer der Chassiden-Bewegung, der Teitelbaum Dynastie. The Seifen Monument daneben enthält zwei Kästchen, gefüllt mit Seife, die aus in Auschwitz vergasten Juden hergestellt wurde.

Kaum 5 Jahre nach den Nazis richteten die rumaenischen Kommunisten hier ein Gefaengnis ein, das heute als Memorial an Bedeutung nicht hinter Auschwitz zuruecksteht.

Das Satanischste, das jemals ersonnen wurde, um eine Person restlos zu zerschlagen, war hier Praxis bis 1955: politische Gefangene mussten einander wechselseitig foltern.
Wer an den koerperlichen Qualen nicht zugrunde ging, verrottete vor Scham, Ekel und Selbstverachtung. Jenes blutige Gesetz, daß seit der „Inquisition bis auf die Knochen“ jede Übereinkunft unter Menschen leicht zerschlagen werden kann, daß Vertrauen auf wechselseitig Gültiges nur der gepflegte Wahn des Folterers ist, wird wohl auch in Zukunft die Moral des Folterers stärken.

Die in diesem Gefängnis gesammelten Zeugnisse eines dennoch vor sich hinlallenden Geistes (Klopfzeichen als Aufrechterhaltung eines Wir, und heimlich mit Brombeertinte geschriebene Gedichtsammlungen) rühren zu Tränen.

Ich hoere ja schon auf.

Der Natur der Maramuresch ringsum ist das gleichgueltig. Die macht, was sie immer macht: Tomaten, die auch danach schmecken, Paprikascoten, Bohnen, Schafe und Waelder...

 Die prekäre Stellung des Geistes kann man auch sich auch am Kloster Bârsana klar machen. So schön es in seiner neuen Aufgebretzeltheit aussieht, und es mag ja ein „von den Gebeten der Urahnen voller Ort“ sein. 17 91 wurde es – Zack! - dennoch von den zwangskatholisierenden Österreichern enteignet: „Geist ist, was ich dafür erachte und deswegen erlaube.“
Rumänien ist in diesem Punkt des zwangsverordneten Geistes einfach schrecklich, weil es immer die Pufferzone zwischen Ost und West und allen möglichen Ansprüchen von Anspruchsvollen war. Seine Leidensgeschichte lehrt, die menschliche Rasse noch mehr zu hassen als unbedingt nötig ist.

Die Szene macht so etwas allerdings bis auf den heutigen Tag sehr lebhaft.
Da laufen normale Europaer rum, also die Jeans und Baumwollhemden der Armut, und sonstiges Übliches an Klamotten. In baeuerlichen Kreisen traegt man noch  Tracht, allerdings mit moerderischen Stilettoabsaetzen.
Der Mann, der auf sich haelt, hat Weste und hoert oben mit Hut auf.

Am Sonntag wurde wie am laufenden Band geheiratet. Ganz wichtige Sache das.
Es gibt sogar eine eigene Live-Sendung ueber Hochzeiten, die dem Publikum zur Beurteilung unterbreitet werden, welche denn nun die schoenste waere.

Unuebersehbar die Zigeunerinnen mit ihren bunten plissierten Roecken.
 Um dem Geist der Schwere zu entfliehen, bin ich zum fröhlichen Friedhof nach Săpânța gefahren.
Hier in der Maramuresch glaubte man, daß am jüngsten Tag, jeder sein Grabkreuz mit sich führen müsse. Daher die Holzladenkreuze auf den Gräbern.
Bunt bemalt sind sie, und mit spassigen Gedichten gibt der Verstorbene Auskunft über sich nachsichtig beurteilten Sünder.


Will nicht vergessen zu erwaehnen, dass ich dieser Tage auch kurz in der Ukraine war. Aber bloss ein Vorstoss von ein paar Kilometern. Mit dem Radl über dieGrenze Europas auf der Theissbrücke. Und alsbald zurück in die EU.
Konnte der Versuchung, mir einen Stempel der Ukraine in den Pass machen zu lassen, einfach nicht widerstehen.


    21. Aug.
    Transfer über die Waldkarpaten in die Bukowina.
    Rauf zum Prislop-Pass wird Reisen ein körperliches Erlebnis.
    Auf der Suche nach dem nächsten Schlagloch Schlangen fahrend, erwischt der Busfahrer aber auch wirklich jedes. Möglicherweise besteht die Strasse aber auch nur aus miteinander zusammenhängenden Vertiefungen unterschiedlichen Volumens.
    Man kann das gute alte Reisegefühl aber auch humorig als „Massage“ wegstecken.
    Das „Buchenland“ beginnt seine namensgebende Vegetation erst sehr viel weiter unten, etwa ab Gura Humorului.
    Vorläufig verbleibe ich vom
    21. bis zum 22. Aug. in Vama.
    Schön zu wandern hier.
    Aber erst mussten natürlich die Moldauklöster Voroneţ und Moldoviţa sein. Ich habe beide an einem Vormittag abgedient.
    In Moldavitsa war ich am frühen Morgen ganz allein mit der unbeschreiblich schönen Lage der Baulichkeiten.
    Und einer damenbärtigen Nonne, die wegen des Eintritts herbeigeeilt war.
    Ein Grenzpolizist verfuhrte mich freundlicherweise die 36 km von Moldovitsa nach Voronets.
    Von Voronets zurück zur Hauptstrasse habe ich den ersten meiner ab sofort wichtig werdenden Pferdewagen genommen.
    Am leicht zu entschlüsselnden Bildprogramm der Aussenfresken dieser Klöster ging mir ein weiteres Licht auf. Dem Gläubigen ist einfach nichts zu blöd. Denn im Unsinn ist nun mal keine Grenze seiner selbst auffindbar. Wie schon die Verneinung Un- sagt.
    Die Darstellungen der Geschehnisse des Jüngsten Tages enthalten unten rechts eine geheimnisvolle Meer- und Wildnisszenerie. Da erbrechen die wilden Tiere und Meeresungeheuer – sage und schreibe - menschliche Körperteile, als da sind Hände und Füsse und Beine.
    Unter Aufbietung meiner christlichen Indoktinationsreste gelang es mir, das Geheimnis zu lüften. Wir werden ja, laut Glaubensbekenntnis, auferstehen als unversehrter Leib. Und da werden natürlich die Menschenfresser zu Lande und im Wasser wieder hergeben müssen, was da seinerzeit verzehrt und verstümmelt wurde.
    Das glaubt ihr nicht?
    Da schaut doch hin! Da ist es aufgemalt.
    Ach, das sei bloß symbolisch zu nehmen?
    Vorsicht! Die Herausforderung an die unbedeutende Kleinigkeit des Verstandes im Dogma der „Auferstehung des Fleisches“ so zu verharmlossen, wird euch noch die Exkommunikation eintragen.
23. Aug.


Fuer den Transfer von 50 km von Vama nach Suceava habe ich mit dem Zug zwei Stunden gebraucht.
Die letzten Tage waren sehr schoen. Liebliche Landschaft, diese Bukowina, und die Klosterkirchen und -bezirke sind zu Recht so beruehmt. Aber hat man eine gesehen, hat man alle gesehen.

Hab mich deswegen an den naturnahen Charme der Doerfer gehalten: das Dengeln von Sensen, Saegegeraeusche, Gaenseriche, die mir warnend aggressif zuzischen, ich soll bloss wegbleiben von seinen Gaensen, Huehner nehmen ein Sandbad. Wie in meiner Dorfkindheit vor 60 Jahren. Anheimelnd.

Na ja, das wirklich Interessante ist der Zusammenprall von einem baeuerlich gepraegtem Leben der Menschen in der Bukovina - wie bei uns vor 60 Jahren - und dann sieht man z. Bsp. so hornige Haende im Zug - nebenan lehnt die Geissel und der Spaten - und dann bearbeitet so einer zart sein Handy, das schon auch mal hoch vom Heuwagen herab bimmelt.

Suceava ist die uninteressanteste Stadt, die ich jemals gesehen habe.
Es ist ein bisschen niederdrueckend zu sehen, dass, was hier nach Vernachlaessigung aussieht, in Wirklichkeit von Anfang an nie ordentlich und richtig gemacht worden war.
Dieser "Das-tuts-doch-auch-Standpunkt" widerstrebt einfach meinem deutschen Gemuet. Bin da ein richtiger Spiesser angesicht der allgegenwaertigen Schlamperei.

Aber den billigsten Haarschnitt aller Zeiten habe ich mir beim Friziere verpassen lassen: 1 Euro 15.


24.08.

Komme gerade aus dem Kloster Dragomirna. War schon eins der schoeneren Erlebnisse.

Auf der Busfahrt stritt sich eine Zigeunerin mit einem renitenten Busfahrer. Als eine zweite Zigeunerin ebenfalls mit in den Kampf gegen den Chauffeur zog, war dessen Lautstaerke aussichtslos unterlegen. Er konnte sich nur durch das Aufdrehen der maximalen Lautstaerke seines Radios aus der Affaere ziehen.

Es ging wohl um die Anzahl der Kinder, fuer die gezahlt werden muesse. Hat der Buschauffeur gemeint, da waere eines von den Baelgern einer Zigeunerin zu wenig bezahlt worden.
Ab sofort gab es einen ziemlich langen Hoerspieldialog mit Handgreiflichkeiten. Erst als sich eine zweite Zigeuerin ins verbale Getuemmel mischte, war der Fahrer hoffnungslos unterlegen. Er konnte sich gegen das ziemlich laute Unaufhoerliche nur durch Aufdrehen des Radios auf volle Lautstaerke zur Wehr setzen.
 In der Tat haben diese morgens zum Betteln ausschwaermenden Zigeunerinnen eine ganze Schar Blagen um und mit sich (praktischerweise das Kleinste in ihrem Bauch). Mindestens aber noch eine aeltere Halbwuechsige, die man mit dem Saeugling auf der Huefte losschicken kann, wenn der nicht gerade wonniglich schmatzend an ihrer Brust sich saettigt.
Ich war da in die morgendliche Fahrt zum Arbeitsplatz Bettelecke geraten. Von allen Seiten hoerte man das Schmatzen der Saeuglinge an Bruesten, die mir – nach Autopsie - auch gut gefallen haetten.
Praktischerweise fuehrten die nahrhaften Naehrerinnen das kleinste ihrer Blagen im Bauch mit sich. Die aeltere Schwester, entweder ausgeliehen oder eigen, wurde mit einem Baby auf der Huefte versehen und an passender Stelle abgesetzt.
Mama selber hat ihren eigenen Arbeitsplatz.

Die aus Selbstschutz ironische Darstellung sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Armut der an den Rand der Ökumene gedrängten Roma andere Überlebenstechniken nicht zulässt.

 25. Aug.
Târgu Neamț.
Ich merke, dass dieser Bericht einfach zu lang wird und nicht für jeden wichtig genug. Ich biete ab hier eine skizzierende Kurzfassung.



 28.08

heute der erste richtige Regentag, wo man ans Haus gefesselt ist.
Gute Gelegenheit, ein paar Erinnerungen aus den letzten Tagen rauszukramen.

Es ist meistens kein Problem, mit dem Bus ein Kloster anzusteuern. Zurueckzukommen aber schon.
Da muss man die Beine schwingen und hoffen, dass ein Pferdefuhrwerk vorbeikommt, das man entern kann.
Denn die neureichen Rumaenen (leicht erkennbar an den neuen Autos) geben einem Tramp keine Chance.
Je aelter das Auto, um so groesser die Chance, mitgenommen zu werden. Die Armen dieser Welt halten halt zusammen.

Habe also viele schoene lifts auf Caruzzas verbracht. So auch vorgestern, als es durch die grandiose Bicaz-Schlucht ging.

Die Kloesterei geht einem ganz schnell auf die Nerven. Schoen schon, aber ueberall das selbe Programm. Es ist die Anlage in manchmal wunderschoenem Ambiente und der gepflegte, blumengeschmueckte Komplex selber, der Frieden und innerliche Ruhe vermittelt.
Die Nonnen lassen mich nicht mit meinen unkeuschen, nackerten Beinen aufs Gelaende. Ich muss mir einen Wickelrock umbinden, bevor ich da rumlaufen darf.

 30.08.

Mitleidige Gruesse an alle, die hier nicht sein können, aus dem schoenen Bukarest.

Da hat das betuchte Grossbuergertum um 1900 herum ein Paris des Ostens geschaffen in Banken, Athenaeen und Casinos,deren Prunk ich liebe: opulent, fuellig. Die Dekorationsformen sind abgeleitet aus den Formen reifer, fleischiger Frauen.

Kannst Dir denken, dass ich da hin und weg bin von soviel Ausladentheit.
Macht mich geradezu ein bisschen beschwipst. Kommt hinzu, dass vor dem Radisson – Hotel huebsche junge Frauen ihre Gesellschaft offerieren, oder zumindest ihre Telefonnummer fuer das naechste Mal bei Desinteresse.
Und das mir altem Gockel!

Die nächtliche Anmache vom Vortag hat eine Fortsetzung. Ein Anreisser vor dem Radisson fragt mich am hellichten Tag an der selben Stelle, ob er etwas für mich tun könne:
- „Nice girl for company?“
  • No interest, thanks.“
Kleine Pause.
  • Perhaps a nice boy?“
    Der Mann bediente sich einer naheliegenden Handlungslogik.
  • -“No interest, thanks.“
    Einen weiteren Moment lang war er ganz perplex. Dann:
  • Drugs?“
    Lachend über soviel hartnäckige Geschäftstüchtigkeit ging der alte Mann seiner Wege.
    Dacă smerindu-te pe sineţi vei zice cuiva: “Iartă-”, atunci arzi pe draci.“
  • Wenn du in Demut leidend zu einem sagst “Verzeihe mir“, verbrennst du den Teufel.