Montag, 31. August 2015

Costa- Brava- Schnuppertour

Der heftigste Eindruck war die Hitze.

Ich litt nach dem Abstieg aus dem Hinterland der Garrotxa täglich unter einer "Transpirationitis" fortgeschrittenen Grades. 
Aber nur kein falsches Mitleid. Dummheit bestraft sich entweder selbst, oder muss bestraft werden.

Der einzige Trost: alle anderen waren auch da. Obwohl die Hälfte davon auch schon gereicht hätte. So schon in dem mittelalterlichen Städtchen Besalù.

Zunächst aber zur Garrotxa, die sich mit "wüstem Durcheinander" ganz gut übersetzt sieht. Wenn nämlich ein Bauer hier seinen Pflug einsetzen wollte, dann bleibt es sehr schnell beim Wollen. Da ist nämlich sehr bald immer irgendein Basaltfelsbrocken im Wege. Ist halt Vulkangewirr, und so kommt es, dass erst die Viehzucht, dann die Touristenpflege die Leute hier am Leben erhalten hat.
Das schöne Grün der unter Wäldern begrabenen Vulkane und Schluchten geht auf das feuchte Klima der Gegend zurück. Oder auch so: der Ortsname Sant Joan les Fonts ist mit seinen Quellen im Toponym ein sehr sprechender Name. Und meine eigentlich schön kurze und interessante Besteigung des höchsten Berges Kataloniens, des Puigsacalms endete in einer Stau-Bewölkung, die sich hätte sehen lassen können, wenn es da überhaupt was zu sehen gegeben hätte.

Dann war da noch ein nächtliches Gewitter. Und so kommt es, dass der gereinigte Himmel oben ist,  hier unten die Quellen rauschen, und die Zehen hervorragend getaped sind: eben alles sonntäglich und an seinem Platz ist. 
Da fällt es einem nicht schwer, sogar den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen.

Figueres: Theater-Museum Dalí
Irgendwie streite ich mich dauernd mit diesem Dalí herum. 
Sein "Surrealismus" hat nämlich eine gut erkennbare allegorische Schicht in sich, die kommentierend zu den Zeitläuften Stellung bezieht. Ich kenne diesen Geist nur zu gut. 
Irgenwie kokettierend hingeworfen schon die Skulptur auf dem Vorplatz, an dem die Warteschlange der Ticketkäufer vorbeisickert: Im Vordergrund auf einem uralten Olivenbaumstumpf die Büste eines römischen Soldatenkaisers, vergrämt, weil er um das Gewaltgeschäft nun mal nicht mehr herumkommt. Ihm aufgesetzt ein Bronzekopf, dem die Machtgeilheit nur so aus den Zügen bricht. 
So what, kommentiert der Hintergrund aus Terracottafundstücken, die einen ehrsamen Arbeitersozialismus feiern. Gerahmt wird das Ganze von einer Draperie und dem unverzichtbaren Ei, aus dem das alles kommt.
Was ärgert mich daran?
Die erschreckende Wahrheit, dass das Kommentariat sich einig, aber nichtig ist?
Dalí hat daraus die Berechtigung zur Stilisierung seines Privatmythos, zu Selbstinszenierung gewaltigsten Ausmaßes abgeleitet. Er hat sich sogar eine meisterliche, höchstselbste Himmelfahrt in einen gottlosen Himmel geleistet und gemalt. 
Sein Herum-Christeln in der Schmuckabteilung des Museums ist deswegen ein exzentrischer Witz.

Draussen, wenig später, ein dreibeiniger Twen auf Krücken, der mich um ein Almosen bittet.
"Ich verstehe dich zwar nicht, aber hier hast du..."
Woraufhin der Tripode in astreinem Deutsch weitermacht.
 
Es stellt sich heraus, dass das arme Schwein vor 5 Tagen aus Montenegro hier angekommen ist. Statt mit der ersten der jetzt fälligen 1000 Fragen zu beginnen, stürze ich mich fassungslos und voller Scham in ein:
"Viel Glück."

Ich kann ja manchmal so ein komplettes  Arschloch sein.
 
 
Granja Escola La Perdiu

Der Name dieser schwer zu findenden Unterkunft in der Garrigue sagt etwas über das Öko-Agrikulturelle dieser Massenherberge für Schulen aus. 
Aber ein Piscine war da. Ganz für mich allein. Schuljahreszeitlich bedingt: himmlische ländliche Stille.
Ausser mir nur edle Hühnerrassen, Hängebauchschweine, ein ganz kleines Pferd von dreien, an dem ein noch viel kleineres saugt. Und Zwist macht überhaupt nur eine gehässige Ziege, die einem quieckenden Hängebauchschwein das Leben schwer macht.
Zur Schlichtung des Zwistes ist kein Jurist, und kein Politiker, und nicht die größte Militärmaschine der Geschichte nötig.

By the way, die Ableitung der Notwendigkeit der Staatsgewalt aus den widerstreitenden Bestrebungen der Leute ist Quatsch. Es sind doch vorhersagbar immer die selben, die besagte Gewalt auf ihrer Seite haben. Vielleicht sollte man mal bei deren Interesse an der ihr gefügen Gewalt anfangen. Dann würde - wenigstens logisch - eher ein Schuh draus.
Wieso fällt mir bloß dabei ein: 
Die als "Deutsche" Angerufenen fühlen sich wie die Eigentümer eines Hofes.
Es sollte ihnen endlich mal einer sagen, dass nicht sie es sind, die Anspruch auf die Ernte haben.

Erkundung des Cap Creu
Nach dem Aufreissen der morgendlichen Bewölkung: ein Benediktinerklosterkomplex in den Bergen (Monestir de Sant Pere de Rodes)  mit Sicht auf die ganze Nordküste des Caps von der darüber liegenden Burgruine aus.
Nach dieser Kurzwanderung entpuppte sich aber meine ganze Planerei als Schnapsidee eines uninformierten Menschen.
Schon ein Kilometer vor Cadaqués begann die Warteschlange von Autos, die irgendwie darin unterkommen wollte.
Ich also weiter direkt zum Cap. Da begann die Parkreihe links und rechts von der Strasse ebenfalls weit vor dem Leuchtturm am Ende. Bei der Rückkehr nach Cadaques war die Schlange schon auf über zwei Kilometer angewachsen. Wir müssen allesamt verrückt sein, immer auf das selbe zu verfallen, und zwar gleichzeitig. Das geht nämlich ganztägig so weiter.
Die Costa Brava zur Ferienzeit der Spanier und Franzosen, ein einziger zugestopfter Parkplatz.
Und das bei über 30 Grad.

Ich wollte von Roses aus einen naturbelassenen Küstenpfad zur Cala Montjoi wandern. Ich Waschlappen von einem Weichei habe aber schon nach der ersten halben Stunde aufgegeben. Als ich zum Auto kam, zeigte das Thermometer 36 Grad.
Ist das vielleicht ein Grund, sich zu drücken? Bin sehr unzufrieden mit mir.

 Abends dann doch noch mal aufgerafft und das riesige Castell Sant Ferran oberhalb Figueres umrundet. (Schon die Benamsung dieser größten europäischen Festung nach dem Heiligen Mohrenschlächter Ferdinand macht einen Kotzen!)

Aber gut:  ein herrlicher, tramuntaner Nordwind, Sicht nach allen Seiten: im Norden die Kette der L´Albéra, im Osten das Meer, im Westen die Garrotxa.

Winde und Wolken,
bei allem Wandel bleibt ihr euch wesensgleich.
Beglückend, wie sehr ihr, Freunde, mir gleicht.
 
Tossa de Mar
Hatte am frühen Morgen die ganze Altstadt, und den Hügel dahinter, und die Stadtmauern, und die Miradores ganz allein für mich allein: "Oh...oh...oh..!!"
Habe zwar mönchische Neigungen, aber wenn die Welt rundum nur mir gehört, habe ich überhaupt nichts gegen die Eigentumsidee.
Solange keine Gewalt ihr zur materiellen Durchsetzung verhilft, schadet sie auch keinem.
Ganz grosse Oper, diese Landschaft: Felsschaft  mit Meerschaft.

Woge, liebe Woge,...
Ach, du bist nicht, was du warst?
Und warst ja doch, was du bist:
Verlöschendes, auf immerdar seiend.

Dann Ausflug nach Blanes. Der Botanische Garten "Mar i Murtra". Fortsetzung von: "Oh...oh...oh.."
 Folgen die Jardins De Santa Clotilde in Lloret de Mar. War aber dieser italienische Renaissancegarten bloss so:
"Oh jaaaa!"
 Es ist diese dramatische Felsenküste und die Gartenkultur, die das Gefelse noch mal eigens durch Kontrast rahmend inszeniert, was mich so begeistert. Auch auf der Abschlusswanderung: Cami de Ronda von Platja d´Aro nach Palamos, wo die dramatischen Akzente der Aleppokiefern noch hinzu kommen.
Das sind diese knorrigen Überlebenskünstler, die dem Wind gehorsamen und damit erst so recht Schwung und Dynamik ins Bild bringen.
 
Du verstehst schon richtig: das wird das Hobby meiner alten Tage.
 
 

Liebe, Liebe, Liebe...

"Was weißt du, Mann, ob du die Frau werdest glücklich machen."

So sollte diese Bibelstelle heißen. Denn es ist die Weisheit, die so spricht.

Klüger aber ist es, diesem in Frage gestellten Sinnversprechen erst gar keine unzuträgliche Beachtung zu schenken.

So sollt ihr sprechen:

"Ich habe nichts gegen die Produkion von Reichtum, wenn ich es bin, der ihn mit allen anderen verprassen kann."

Und nicht wie der Neid:
"Alle sollen so bedürftig in ihrer Abhängigkeit sein wie ich."

Ich höre euch lachen?

Das müsst ihr Verzweifelten nur.

Akephales Gehen

Es wird gebraucht. 
Es ist da.
Elternsorgen und Kinderlachen
gehen da durch.

Jeder Mandarin weiss,

dass das nicht geht.
Ich weiss,
warum jeder Mandarin 

gehen sollte.

Samstag, 29. August 2015

„Geldgeber“


geistern durch die gedruckte und gesendete Gegend.

Schaut man hin, wird da keineswegs Geld gegeben, sondern:
es werden Kredite verliehen, die sich - um den Zins vermehrt – als gesetzlich geschützte „Geld“einnahmequelle in Gebershand wiederfinden.

„Geld macht nicht glücklich.“


Das der anderen, denen es jetzt fehlt, aber schon.

Strukturelle Gewalt

So waren die Gewaltverhältnisse zu vorbürgerlichen Zeiten, und sind sie bis jetzt in Familien: Dem zu widersprechen, von dem man unmittelbar abhängt, ist zwar nicht verboten, aber keineswegs ratsam. 


Davon abzusetzen ist die heutige strukturelle Gewalt. 
Überall  wird für den kritischen Einpruch des mündigen Mitmachers geworben, aber diese gewünschte Miesmacherei wird schon bald einsichtig werden und freiwillig ihre echolose Gummizelle verlassen.

Mittwoch, 19. August 2015

Die trefflichste Verhinderung eines Gedankens


an jeglicher Entfaltung von Virulenz ist:
seine Einordnung in irgendwie rechts oder links von dir.

Flüchtling!


Deine Schuld, dass du keine Banane oder ein Diamant bist.

Du verkaufst dich hier im freien Warenverkehr - jetzt aber echt - so wahnsinnig schlecht.

„Aus eigener Kraft“

Wenn es schon Scheißhausparolen braucht, dann noch am ehesten die.

Oder hat dir die ökonomische Wucht der Verfügungsgewalt anderer über dich jemals mehr gebracht als dein doch sehr zufälliges Überleben?

Dienstag, 18. August 2015

Das Kreuz mit dem Kreuz

Wussten Sie eigentlich schon, dass man von einer soeben empfangenen Ohrfeige nie und nimmer auf das Kruzifix käme, vom Symbol des Kreuzes aber lässig auf alles Ungemach dieser Welt als einen tröstlichen  Erlösungsweg?

Selbst(wert)gefühl

sei eine ganz wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Karrieristen, erzählen die Psychologen ihrer Kundschaft.
Was aber, wem, wie viel wert ist, ist schlicht eine zu erbringende Leistung. 
Mit der bloßen Angeberei des positiven Denkens über sich ist da nichts zu machen.


Das Selbstgefühl des Flüchtlings.“ Dieses uninteressante Buch mit dem lächerlichen Titel wird nie geschrieben werden können.
Andererseits, die Idioten werden ja nie alle.

Scheibchenwelt


Man muss die herbeiregierten Notstände nur lange genug und sukzessive scheibchenweise der Ordnung anähneln, damit jedes Kind sie als Normalität erkennt. 

Es ist überaus ärgerlich, dass Politik immerzu gedacht wird als Lazarettschiff.
Dabei  fährt nicht ein einziger Zerstörer der befehlsgemäß auslaufenden Kriegsflotte aus dem Hafen mit dem Marschbefehl: "Huma, Huma, Humanitäterääää."

Montag, 17. August 2015

Hoffnung hat ja so was Aussichtsloses.


Von der weit umher angepriesenen Hoffnung leben nur all diejenigen ganz gut, die damit und daraus ihren Gewinn machen.

Die Utopie
hingegen hat nur deswegen einen schlechten Leumund, weil sie im Verdacht steht, es nicht bei der Hoffnung zu belassen.

Oldie but goodie

Auf dem Tisch 20 Kekse. 
Am Tisch ein Banker, ein Lohnarbeiter und ein Flüchtling. 
Nimmt sich der Banker 19 Kekse und sagt zum Michel: 
"Paß auf, der nimmt Dir Deinen Keks weg."

Es war einmal ein Staat.

Der beschickte die Kriegszonen dieser Welt – wie alle anderen Staaten auch – mit Waffen.
Das war gut für die Arbeitsplätze und für die Versetzung in die Oberstufe der globalen Konkurrenz.

Da kam ein moralisch integrer Mensch daher und bestand so lange auf der Reformierbarkeit des Kapitalismus, bis der genervt aus dem lukrativen militärisch-industriellen Komplex austrat.
Und da ja der Kapitalismus bekanntlich von nichts als vom guten Willen der Menschen guten Willens abhängt, entsagte er auch noch der NATO.

Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie heute noch.

Sonntag, 16. August 2015

Midlife-Crisis


Das Eingeständnis, dass ein realitätsorientiertes Chancenkalkül gar nie nicht vorgelegen hat, und - nach einem Wechsel der Tapetenfarbe – mit der Folge eines wilden Entschlusses, mit genau diesem Blödsinn genau so weiterzumachen.

Fehler des Pazifismus


Wenn du den Krieg ablehnst, weil du darin getötet werden kannst, lehnst du ihn aus einer völlig falschen Theorie über die derzeit laufenden Kriege ab.

Finanzpolitik


Die populäre Auffassung, man wechsle nur die Diebe aus, wenn man den politischen Führungsausschuss austauscht, hat nicht viel für sich.

Wer hat denn, wo, jemals dieses Gremium an den Quellen sitzender Knaben für ihre Lenkung der Liquidität in die von ihnen erwünschte Richtung juristisch zu belangen vermocht?

Lieblingsbürger


NO, WE DON'T CARE.
WHO YOU ARE OR WHAT YOU DO.“
Vor Staat und Kapital sind tatsächlich alle gleichgültig.
Aber manche gelten halt dann doch wieder als irgendwie gleicher.


Gültigkeit ist halt das eine, Geltung genießt das andere.

Freitag, 14. August 2015

Trostlos


Was sollen denn die Leute denken...?“
Hier spricht die Angst dessen, der weiß, dass sein - oder das Denken der anderen - unerheblich ist, nicht aber ihre brünstige Gewaltausübung gegen Leben, das unverschämterweise nicht daran denkt, sich leben zu lassen.

Der Wissende ist allen Trost los.

"Impertinent!"


Sprache dient nicht nur der Bierbestellung.
Sie ist auch ein Festschreiben sozialer Hierarchien.
Vom Treppentratsch bis zum Gebildetenlingo.


Passt den Mandarinen dein Einwand nicht in den Kram, nennen sie ihn „impertinent“: nicht zur Sache gehörig, voll daneben, gegenstandslos.
Ach, Sie kennen das nur als das umgangssprachliche „Anmaßend, Arrogant, frech“?


Sehn Se!

Donnerstag, 13. August 2015

„Ich frage mich...“


- Wenn Sie damit fortfahren, immer nur Sich zu fragen, dann wird das mit der Wahrheitsfindung nichts, Euer Ehren.
Wenn Sie schon auf die Zeugen nichts geben, dann müssen wir halt gemeinsam der Frage auf ihren Grund gehen.
Und das ist immer ein – von Ihrem wohlgefüllten Inneren unabhängiger - Sachverhalt.



Zum Stand des Umgangs mit der Verfügungsmasse Demokrat


Das Weiße Haus dementiert: 
Gegen die Behauptungen des Bundeskanzleramts wurde der Bundesregierung keineswegs untersagt, den Geheimdienstausschüssen des Bundestags die sogenannte Selektorenliste des US-Nachrichtendienstes NSA zur Einsicht vorzulegen.
Hier muss man sich entscheiden: 
Entweder man ist rechtschaffen empört über die Dreistigkeit, mit der heute der Untertan als solcher mit ihm zukommenden Lügen traktiert wird; 
oder man nimmt die zunehmende Ehrlichkeit zur Kenntnis, mit der die beste aller schlechten Herrschaftsmethoden ohne Beschönigung, also schonungslos zu ihrer Aufgabe steht.

Update:
Peter Altmaier  (CDU) wartet mit einer lichtvollen Erklärung auf: "Es gibt Regeln zwischen den Geheimdiensten, an die sich die Bundesregierung zu halten hat."

Wie gesagt: brutalstmögliche Ehrlichkeit.

Der geistige Mittelstand

pflegt ein intimes Verhältnis mit der Sorte Freiheit, in die es ihn verschlagen hat.
Ihm mit alterativen Optionen zu kommen, legt er als Bindungsschwäche eines liederlichen Charakters aus.

Mittwoch, 12. August 2015

Eine nützliche Philosophie

namens Konstruktivismus erklärt dir Fakten zu Meinungen.

Wenn sie es dann noch schafft, die Wahrheit in die Mitte zu verlegen, hat sie damit nicht nur Extreme geschaffen, sondern den Umgang mit diesen Fakten als Kampfauftrag an die Mitte formuliert.
 
Andererseits und aufgemerkt!
Wenn die Katze die Mäuse aus dem Kornspeicher frisst, ist es da nicht egal, ob sie ein linker oder ein rechter Extremist genannt wird?

"Operation Enduring Freedom"

Dieser globale Krieg für "andauernde Freiheit" kann auch als Lehrstück für die Moral des modernen Staatsbürgers gelesen werden: "Freiheit aushaltend".

Geduld


gilt als Tugend.

Aber rechtens dürfte man diese Tugend eigentlich nur bei jenen Unbelangbaren verorten, deren gerissener Geduldsfaden noch größeren Schaden bei den Belangbaren anrichten könnte, als so schon.

Die anderen müssen sich ganz einfach zwangsweise gedulden beim Erdulden herrscherlicher Geduld.

Zwar ist die individuelle Verarbeitung von angetanem Leid durchaus ein Merkmal von Tugend, aber es gehört schon auch ein herbeibemühter freier Wille, der auch tatsächlich anders könnte, dazu.
Den Pfaffen jeglicher Couleur ist das gleichviel und sie erzählen den schweigenden Lämmern auf ihrem Weg zur Schlachtbank, dass sie mit ihrem Tugenddreck zu den Hochleistungssportlern am Tugendreck gehören.

„Wirtschaftsflüchtlinge“


Der Lebensstandard z.B. in der Schweiz, in Luxemburg, Schweden und Norwegen ist sehr viel höher als in Deutschland. 
Von einer Welle begehrlicher deutscher Migranten, die vor den miserablen Löhnen hierzulande in die gelobten Länder flüchten, hat man aber nichts gehört.

Was schließen wir daraus?

Neutralisieren


Staatlich legitimierter Existenzabbruch, vollzogen und vollstreckt an im Wege stehendem Leben.

Dienstag, 11. August 2015

Wirtschaftsethik


Wenn deine Bonuszahlungen und der diesjährige Zugewinn kleiner ausfallen, hast du ihr nicht genügt.
Weitersagen.
Dass sie genau so - und nicht anders - geht.

Beweis:
Die Arschlöcher deines Kalibers in deiner Entourage begegnen dir im Falle eines verminderten Ausbeutungsgrades mit Verachtung, und die von dir Gearschten mit Häme.
Übrigens wünscht sich der geistige Mittelstand gar keine anderen Mores.

Montag, 10. August 2015

Erfolgssignal abschiffender Staaten


Solange noch nicht jedwede Mafia das sinkende Schiff verlassen hat,
gibt es auf ihm immer noch was zu holen.

He, ihr Sommerlocheinmieter!


Dass die Staatenlenker Urlaub machen, heißt noch lange nicht, dass die Folgen ihres Tuns sich nicht auswirken.
Aufgewacht!
Soeben findet „unter parlamentarischer Kontrolle“ die dauerhafte Verlegung einer deutschen Panzergrenadierdivision (700 Mann plus 44 Panzer) nach Polen statt.

Werbungsphilosophie


Die Antike interessierte sich noch für ein gutes Leben, und wie das geht.
Nicht dass da keine vorzeigbaren Ergebnisse vorlägen.

Der moderne Staatsbürger und seine Dienstleistungsabteilung „Sinnstiftung durch Werbung“ hält die Beschäftigung mit solchen Fragen für müßiges Utopisteln.
Weiß er doch, dass es bestenfalls „gute Momente“ gibt.
Und für die sind jene Zigaretten im größeren Format reserviert, mit denen man sie sich „verlängert“, wenn man mit jeder von ihr sein Leben um 5 Minuten verkürzt.



Sonntag, 9. August 2015

Small talk


ist mittlerweile zu einem generalisierten Befehl geworden.
Auch über die Zusammenkünfte informeller Guppen hinaus: 
„Talk small!.“
Das ist die gesittete Übersetzung von:
"Schnauze, Arschloch!" 




Ralph Boes

Der Rebell ist immer im Recht.
Die anderen haben es.

Was dieser Fanatiker der Demokratie - ebensowenig wie alle anderen Demokratieidealisten - nicht zur Kenntnis nehmen wollen, ist: 
Arbeit versteht sich selbstverständlich als Lohnarbeit, die es wem anderen bringt.
Sich ehrenamtlich für Senioren aufzureiben, verdient eine Feierstunde mit Frau Bunzkanzlern als Lohn. 

Dann muss aber mal wieder Schluss sein mit Schmus.

Die Erledigung von Problemen


durch Nichtbefassung mit ihnen geht so:
Du hast halt eine andere Linse vorgeschaltet als ich.“
Du immer mit deinem Klassenmodell.“
Mir geht es um Konkretes.“

Der Agnostizismus des denkfaulen Blödians, der es anscheinend ganz gut getroffen hat in der Einkommenspyramide als Souverän.

Samstag, 8. August 2015

Einseitige Berichterstattung


liegt laut medial verbreiteter Weltsicht immer dann vor, wenn von staatlich veranstalteter Folter, aus geopolitischen Gründen angeordneten Massenmorden, und Bespitzelung ganzer Staaten berichtet wird.

In diesem Falle bin auch ich für Zweiseitigkeit: man bespitzele, foltere und morde diese Veranstalter in Massen, und erstatte darüber mehrseitige Berichte.

Freitag, 7. August 2015

„Wir - klären – aufff!“


Ehemals – und das seit der Antike – war Aufklärung das Unternehmen, an der falschen Welterklärung der Kirchen vorbei zu wirklichen Kenntnissen über die Dinge dieser Welt und uns zu kommen.
Heute nennt der muntere Fernsehjournalist seinen Bericht darüber, wie giftig unser Essen ist, und wie die Nudelverkäufer im Bunde mit den Verpackungsingenieuren uns bescheißen, Aufklärung. 
 
Tipps und Tricks beim Umkommen von Abgeklärten.

Mittwoch, 5. August 2015

Das Gerücht über die Oberen


ist tatsächlich nur die halbe Wahrheit.
Die andere Hälfte will aber erst recht nicht gefallen.

Eine weisungsgebundene Justiz


ist die Rache demokratischer Politik an verbliebenen Resthindernissen beim Durchregieren.

Kontrahenten


Um des eigenen Vorteils willen schließt man Verträge. 
Aus dem selben Grund bricht man sie auch.
 
In der irreführenden Sprache der Moral heißt das:
"Eigennutz schließt und bricht Verträge."

Zwischen diesen beiden Fassungen liegen Welten:
- Im Angriff auf den Eigennutz genießt der gute Wille sich in seiner machtlosen Kniefälligkeit selbst.
- Im Begriff bürgerlicher Verrechtlichungen leuchtet wenigstens kurz die Möglicheit ihrer Überwindung auf.

Kriegsdiplomatie


- Benjamin, der Netan Yahoo:
President Abbas, I extend my hand – the hand of Israel – in peace.“

- Euro, der redselige:
Präsident Tsipras, die Tür für Gespräche steht offen."

Dienstag, 4. August 2015

Stockholmschnippsel

Stockholm
Ich muss reisen,
um die schwedische Dummheit aus mir zu laxieren.“
(Strindberg)

Donnerstag, 16. Juli 2015

Also die Altstadt - sehr hübsch - bin ich schon abgelaufen.
Stockholm ist eine Stadt zum Spazierengehen. Besteht das Gebilde doch aus einem Drittel Bebauung, einem Drittel Parks und einem Drittel Wasser.

In der Gamla Stan steht eine Replik des berühmten Kampfes St. Georgs mit dem Drachen des Lübeckers Bernt Notke. Die wunderbare Scheußlichkeit des Drachen macht einem schlagartig klar, dass das Böse gar nicht fies genug dargestellt werden kann, um das Leuchten des Guten ins rechte Licht zu rücken. Alte Predigerweisheit.
Ein paar Straßen weiter wimmeln die Läden, die sich dem Tourismus anwanzen. In einem offeriert sich eine Plastik aus Gussharz: eine elegant über einen süßen Drachen als Reittier hingegossene Elfe.

Soviel zur Verfallsgeschichte der Drachen.

Amor ging es auch nicht anders: Vom unwiderstehlichen Daimon zur herumfliegenden Amorette.

Die gezähmte Innerlichkeit des Europäers steht in einem unübersehbaren Kontrast zu seinen stets wachsenden Vernichtungsapparaten im Äußeren. Vermutlich korrespondiert das Eine mit dem Anderen.

Bin gut zu Fuß. Bei zufälligen Seitenblicken in die Schaufenster stelle ich mit Entsetzen fest, dass ich mir in der erzwungenen sechswöchigen Ruhepause nach der Operation ja wirklich eine Wampe zugelegt habe.
Au weia!
Und Titten.
Upps!

Hübsch die Parks.
Im Tegnèrpark sitzt beispielsweise ein überlebensgroßer Strindberg aus Bronze als nacktes Genie gewaltig ins Grün gelagert.
Dieser Strindberg (Dramatiker, Romancier, Maler) war - und ist mir - ein sehr wichtiger Rebell. Obwohl er sich einen „theoretischen Frauenhasser" nannte, probierte er im Laufe seines Lebens mindestens drei unterschiedliche Frauen über längere Zeit aus.
So sind halt diese Theoretiker.
Als Grabstein wünschte er sich übrigens einen großen Penis aus rotem Sandstein mit der kurzen Inschrift als Grabspruch: "Hic jacet. Hier liegt er."

Stockholm, Freitag 15:17

Nach einem laangen Spaziergang am wellenschwappenden Wasser entlang, viel Grün des Djurgårdenparks zur Linken.
Hier blühen noch die Hollunder- und die Lindenbäume, das gelbe Labkraut gedeiht prima auf den Granitbuckeln, die Malven sind allerdings ein bissl blass. Sommer in voller Fahrt hier.
Aber unter bedecktem Himmel keine 20 Grad und kühler Wind. Herrlich.

Gar nicht zu vergleichen mit dem Sozialklima auf dem Herflug.
Da hatte ich auf dem Nebensitz wieder diesen berüchtigten "Hier-bin-ich-und-das sollt-ihr-auch merken."
Ich versuchte doch tatsächlich, ihm meine Nieren in seinen spitzen Ellenbogen zu drücken. Aber der war hart im Nehmen.
Ja, und sein Ellenbogen schon auch.

Toll diese Backsteinkirchen hier. Da sieht man die Arbeit, die das Stein für Stein gemacht hat. Und wie das gestaltet ist!
Wenn es nicht gerade um Banken- und Versicherungspaläste geht, werden heute nur noch irgendwelche Fertigteile aus Beton und Glas zu Schuhschachteln zusammengeschustert.
Architektonischer Funktionalismus:die Maßgabe der Maßgeblichen, dass der Sinn im Zweck zu finden sein soll. Unterwerfung als Sinn kam noch nie so nackt daher.
Da hänge ich doch den alten Zeiten nach, wo ein Gestaltungswille mit ästhetischen Neigungen am Werke war. Wenn einer heute was gestalten will, dann kann er das bestenfalls an seiner Figur austoben oder beim Formen irgendwelcher skurriler Eigenheiten seines Charakters.

Komische Leute hier: die gottlosen Lebensmittelangestellten arbeiten auch am Sonntag von 7 bis 22 Uhr.
In ihre Häuser kommst du nur, wenn du einen Code hast. Urinieren darfst du nur, wenn du 5 Kronen (50 Cent) in der Tasche hast und einwirfst, oder von deiner Bankkarte abbuchen lässt. Sie sind hier aber auch mit einem Euro Eintritt ins Pissoir zufrieden. Wieder raus darf man umsonst.

Ansonsten machen die hier ernst mit der Abschaffung des Bargelds: du gehst mit deinem Warenkorb an eine Kasse. Da erwartet dich ein elektronisches Abbuchungsgerät. Kreditkarte einstecken, Geheimnummer eingeben, Befehl losschicken, Karte raus.
Dann kannst du abschieben. Die werben dafür mit dem Spruch, dass es da nicht mehr zu diesem dämlichen "kontanthantering", also dem Rumhantieren bei der Bezahlerei kommt.

Samstag, 18. Juli
Auch den heutigen Spaziergang durch den Stadteil Södermalm habe ich durch 90 % Parks und Haine gelegt.
Man muss sich klar machen, dass Stockholm auf 14 Inseln liegt. Da ist es nie weit zur nächsten Brücke. Die Frage ist eigentlich nur, ob es sich bei dem Wasser da unten um Süßwasser aus dem Mälarensee, oder um das gesalzene Wasser aus der Ostsee handelt.
Schön klatschen beide Wässer an die Felsen. Die zahlreichen Stockholmer Berg-Parks kommen dadurch zustande, dass der harte Kern der Inseln aus vom Eis geschliffenem, buckeligem Urgestein besteht, das immer noch Jahr für Jahr sich hebt. Und da lassen sich schlecht Kellergeschosse draus ausheben. Also wird die Natur ermuntert, da was draus zu machen. Und so entstehen diese Berghaine mitten im Straßengetümmel. Manche sind richtige kleine Fjälls, also baumlose, in den Ritzen begraste Felskuppen.
Der eine oder andere entstand aber auch durch Aufschüttung von Bauschutt und anderem Müll.

Heute Abend wieder ein Orgelkonzert. Das ist das Schöne an Schweden, da ist am Wochenende immer irgendwo in einer der zahlreichen Kirchen ein Konzert.


Montag, 20. Juli
Ökonomie. Eine Wissenschaft, die erfunden wurde, um der oberen Klasse zu sagen, wie man die untere um die Früchte ihrer Arbeit bescheißen kann.“
(Strindberg)

Nynäshamn

Wunderschöner Ausflug an die Küste des südlichen Schärengartens.
Diese rundgeschliffenen Höckerfelsen sehen aus wie Seelöwen und Walrösser, die nebeneinandergestapelt am Hang schlafen. Ihre Schwänze in den Birken und Föhren versteckt. Das hat was, sagt man, wenn man nicht so recht weiß, was einen da ergreift. Es ist wohl das Elementare. Einfacher geht es nicht mehr: Felsküste, Wasser, Erde. Und alles Geformte in seiner individuellen Ausgeprägtheit besteht wie selbstverständlich auf seinem Platz.
Der "Strandvägen": gleich rechts neben ihm beginnt die Wildnis. Schöne Wildnis. Ich bin ganz zufrieden damit, sie mir von außen anzuschauen.
Links die von einzelnen Bäumen gegliederte Meeresfläche. Und ein interessanter Küstenhimmel darüber. Ich bilde mir ein, der ist anders als sonst irgendwo auf der Welt.

Gestern war ich mehr mit Kulturellem beschäftigt: eine Konzertpianistin gab uns reichlich von Skriabin, Brahms, Rachmaninow ...usw. in der Klavierartistik. Fuuuurchtbar. Und meine Mütze hab ich dann auf meiner endlichen Flucht auch noch liegen gelassen.

Über die Mittagszeit war ich in "Millesgården", einem wunderschön gestalteten Ambiente, das sich der Bildhauer Milles auf mehreren Terrassen mit seinen Skulpturen gestaltet hat.
Geht doch! Wusste ich doch, dass es etwas anderes auch noch gibt als den täglichen Stumpfsinn.
Erhebend also.


Dienstag, 22.07
Juchuuu, die Mütze hab ich wieder!
Bin gestern noch mal zu der Kirche gepilgert, wo ich sie liegengelassen hatte, in der Hoffnung, dass sie vielleicht doch noch da rumliegt.
Nix da, aufgeräumt.
Zum Glück sitzt in diesen Stockholmer Kirchen immer eine Person herum. Die soll wohl drauf aufpassen, dass keiner in die Kirche macht.
Bei diesen Preisen (50 Öre pro Erleichterung) nur zu verständlich. In einem Punkt ist man hier aber sehr entgegenkommend: man darf auch einen ganzen Euro einschmeißen. Das ist bloß fast das Doppelte.

Heute Riesenprogramm, aber mit dem mich begeisternden, genialen Massenbeförderungssystem der Stockholmer war alles drin:

Tyresta-Nationalpark . Zwei Schleifen da herum in vier Stunden, und
Naturhistorisches Reichsmuseum.
Ich habe eine kindliche Freude an diesen Dioramen mit allem, was da kreucht und fleucht und taucht und schwimmt.

War heute sowieso ein naturhistorischer Tag. Der Urwald, durch den ich im Nationalpark taperte, war vor 10 000 Jahren noch von Meer und Robben umspültes und umspieltes Jagdgebiet unserer Vorfahren, die hinter den abschmelzenden Eismassen herwanderten.
War als körperliche Leistung natürlich eher enttäuschend, weil man immer vergleicht mit dem, was mal Unsereinem möglich war.
Aber das Gefühl der Landschaft war das selbe. Deswegen komme ich doch her. Und wenn ich immer nur sauer auf mich bin, weil ich es nimmer so bringe, ist das irgendwie blöd.
Habe ich mich also mit mir ausgesöhnt und hatte einen schönen Tag.

Gestern war bloß ein bissl der hiesige Haga-Park, ein englischer Garten, von dem ganz bestimmte Bilder übrig bleiben werden:
so die grünen Wolken der zweihundertjährigen Linden um den großen zentralen Rasen und der Duft der Lindenblüten, der sowieso schon diese ganzen Tage in der Luft liegt.

Donnerstag, 23.07.

Bootfahrt nach Sandhamn auf der Schäreninsel Sandön.
Das ist eine eher untypische Ferieninsel. Bin überhaupt nur hingefahren, weil auch alle anderen berühmten Leute da waren.

Wie der Name schon sagt, gibt es da mehr Sand als Fels. Also Föhrenwälder mit Blaubeerteppichen für meinen Vitaminhaushalt. Hübsch, da Spazieren zu gehen, und hübsch die Träumen machende Seefahrt dort hin.

Zwei schlimmere Regenperioden gut überstanden. Die eine auf dem Boot und im Bus. Die andere im Nationalmuseum der schönen Künste.
Habe da unter anderem ein Selbstporträt des jungen Rembrandt erlebt: Ecce homo! Manchmal ist man sogar stolz, der selben Rasse anzugehören.

Malen und Schreiben, das ist so eine Art Rebellion gegen die von Managern verwurstete Welt der Information, die die Leute in Formation, also auf Vordermann, bringen soll.

Freitag, 24.07.
Es wäre mir lieber, ein bedauernswerter Reicher zu sein,
als ein Armer, dem man sein aufrichtiges, tiefstes Bedauern entgegenbringt.“
(Christian, der Klotz)
Habe mir den Schlosspark von Schloss Drottningholm (Königinnenschloss) erlaufen.
Schöne Sache das, mit ganzen Flottillen von Wolkenschiffen im Blau drüber, und unten französischer Park mit Chinesischem Schlösschen usw.
Der große Teil, den die Königsfamilie für sich beansprucht war deutlich begrenzt in allen in Frage kommenden Sprachen, auch in fernöstlichem Krikelkrakel. Einen Japaner aber geht das nun mal nichts an, der betritt die Absperrung und wird zu seiner Empörung prompt von zwei Militärs abgeführt.
Verzweiflung der Reiseleiterin, die in flehentlichem Ton ihren Reisegast wiederhaben will. Strenge der Aufsichtskräfte. Am Ende hat sie den Reissaus aber doch wieder gekriegt.

Man sieht: die besseren Herrschaften (von den Königen angefangen bis herunter zu den leibwachtgeschützten Merkels) wissen sehr wohl, dass nicht jeder glaubt, was in der Boulevardpresse über sie zu lesen steht. Ihr Bedürfnis nach Distanz verweist darauf, dass sie mit für sie unerfreulichen Folgen rechnen, wenn sie sich aufführen wie sie sich dem Untertan gegenüber aufführen.

Samstag, 25.07.
Ich weigere mich, mich selbst zu zerstören.“
(Siri Derkert)


Bin also wieder obenauf und am Rumtreiben hier und da : den ersten "Waldfriedhof" (Europäisches Kulturgut), Spazieren auf der Gefängnisinsel Långholmen, und der Besuch im Fotografischen Museum.

Letzteres rundete mein Bild von unserer Zukunft ab: Die machen einfach immer so weiter.
Sind brav und blödeln halt im Zugestandenen herum.

Entsetzlich, wie das Design mittlerweile das Bewusstsein bestimmt.
Stockholm ist DIE Designerstadt. Und bei diesen Fuzzies geht es nur noch um Selbststilisierung und Zelebrierung eines Selbst, was auch immer das jenseits eines Werbeslogans sein mag.
Wenn in einer Straße auf einen Bäcker 10 Friseure, 3 Designerstudios und 2 Wellness-Angebote kommen, drängt sich einem der Eindruck auf, dass der demokratische Staat durch die Entlastung der Millionäre von lästigen Steuern und die ersatzweise Schröpfung des Untertanen an den verbliebenen Stellen offensichtlich verdrängt hat, dass man als Staat und Kapital zwar lässig mehr Geld schöpfen kann, aber nicht die durch Arbeit geschaffenen Werte, an die heranzukommen, auch die Einkommenslosen große Lust haben: Die Zahl der Bettler hat „massiv“ zugenommen. In den Vororten „massieren sich“ die zu Nichtsnutzen erklärten Einkommenslosen.
Der Polizeietat ist in Rekordhöhe geschossen.

Zurück zur Ausstellung von Inez & Vinoodh mit dem - seine eigene pompöse Nichtssagendheit bezeichnenden Titel - „Pretty Much Everything 2015“ in der „Fotografiska“
Unter „Allem“, was da so pretty ist, hat man sich Blumen und elegant hinstilisierte Menschen vorzustellen.

Es ist unglaublich wie kalt und verachtend diese durchgestylten eleganten männlichen und weiblichen Schönheiten sind:
Gleichgültigkeit als Kult.

Schweden ist uns da nur voraus.
Was meine Wut erklärlich macht. Schweden war mal der Vorzeigestaat, wenn es um die wohlmeinende Lüge ging, dass Kapitalismus und lebbarer Sozialstaat sich nicht ausschließen müssen.

Die Schweden haben sich seit Jahrzehnten nach und nach alles nehmen lassen.
Jetzt haben sie nur noch die eigene Körperoberfläche, wenn es darum geht, die eigene Haut zu retten.
Sie haben halt nichts anderes mehr, an dem sie rummachen könnten, als die jeweilige Facette ihrer "Persönlichkeit", die heute zur Darstellung ansteht.

Sie haben sich alles wegnehmen lassen. Aber die Darstellung der Coolness des Ausgebrannten lassen sie sich nicht nehmen.

Montag, 27.07.
Eine kluge Ratte braucht gar manches Schlupfloch.“
(Strindberg)

Gestern Ausflug nach Norden: Uppsala
Universitätsstadt mit einem beeindruckenden gotischen Dom, in dem einige der hiesigen Könige von ihrer schweren Arbeit des Herumschubsens der Untertanen ausruhen, und eine noch grünere Stadt als Stockholm.
Das Schlossgelände weist eine lehrreiche ältere Bastion auf, die an die Zeiten erinnert, als es noch keinen Schlösserzierat gab, sondern vor dem Volkszorn bergende Burgen.
1527 hatte Gustav Vasa den Einfall, er sei das Oberhaupt aller Katholiken. Der davon in Kenntnis gesetzte Bischof in dem Dom da unten ließ das neue Oberhaupt der Christenheit wissen, dass ihm das vorläufig so was von am Arsch vorbeigehe. Woraufhin Gustav Vasa dem Bischof per Boten Bescheid gab, dass nunmehr die Kanonen der Bastion in einer längeren Reihe auf den Dombezirk gerichtet seien.
Und auf des Bischofs Palast insbesondere.
Wie er nun darüber zu denken gedenke?

Damit war das Luthertum in Schweden eingeführt.

Heute der Höhepunkt einer Wanderung im Tyresta-Nationalpark.
Den wollte im vergangenen Jahrhundert vor seiner Entstehung ein Zündholzmagnat aufkaufen, um daraus Streichhölzer zu machen. Das war die letzte Gelegenheit, bei der die Schweden den Arsch hoch kriegten. Jahrzehntelanger, aber siegreicher Kampf gegen die Verwandlung von „Växtlivet“ (Gewächsleben) in Profit.
Wenn man so sieht, wie das Kapital sich aufführt, wird man automatisch zum Konservativen.
Sieht man den Konservativen bei ihren Gestikulationen eine Weile zu,wird man unweigerlich zum Linken.
Angesichts der Vertretung gemeinsamer Interessen durch Linke, möchte man am liebsten eine eigene Partei gründen.
Nimmt man sein Wissen über die Funktionalität der Parteien im Kapitalismus ernst, hat man keine Lust zur Wiederholung des langen Umwegs zu sich selbst.

Von Nord nach Süd durchquert. Herrlich abwechslungsreich, nicht nur die Licht- und Schattenspiele, sondern auch mal bemooster Fels, mal Moor, mal duftende Kiefern und Birken.

Dienstag, 28. 07.
Der Mensch von heute macht sogar Liebe mit den Waren.“

Skansen.
Das ist jenes beispielgebende Freiluftmuseum über die nationale Gebäudegeschichte, nach dem alle anderen in Europa sich richteten.
Vielmehr war es das.
Als man merkte, dass man es zu nichts bringt, wenn man Häuser und Mühlen und samische Koten in romantischem Ambiente konservierend versammelt, wurde der Bestand mit Folkloristischem und Exotischem aus Afrika massenkonsumtauglich gemacht.

Und die lieben Kleinen sind sowieso die eifrigsten Konsumenten. Also müssen heimische Tiere her, Karussells, Eis- und Würstchenbuden, … halt der ganze Rummel eines Volksfestes.

Tivoli im Kleinen für die Kleinen.

Mittwoch, 29. 07
    Ich stehe unter Observation.
    Man verdächtigt mich klug zu sein.“
    (Strindberg)
    Besuch des
    Vasa-Museums.

Dieses imposante Kriegsschiff war 1628 nach einer Jungfernfahrt von 1, 5 km gekentert und für 333 Jahre im Schlamm versunken. Jetzt gehoben und für mindestens weitere 100 Jahre restauriert.

Jeder Mensch sollte einmal in seinem Leben dieses Museum besucht haben. Dieses Schiff ist nicht nur eine lehrbuchreife, beachtliche Fehlleistung von Ingenieuren, die wider ihr besseres Wissen dem Wunsche Gustav Adolfs willfahrten, und auf dessen Anweisung hin einen zum Krängen und Kentern verurteilten Wahnwitz losschickten, sondern auch ein ganzes, in das Heck geschnitztes, ideologisches Programm des Herrschertums.
Zu all den nützlichen Lehren, die die Facetten und Sybolismen dieses Staatsschiffs hergeben, zählt auch folgende:
Es gab natürlich eine Untersuchungskommission, die eindeutig die drei Verursacher der leichenträchtigen Angelegenheit herausfand: Gustav Adolf, den Ingenieur und noch einen von der damaligen Elite.
Von einer rechtskräftigen Verurteilung und Hinrichtung dieser nachweislichen Massenmörder ist nichts bekannt.
Der moderne Staat begann also nicht erst bei dem Großen Fritz.

Natürlich ist es blöd, sich zu beklagen oder gar zu kritisieren. Wo man doch der Gott von all dem ist. Und der kann nun mal nichts Unvollkommenes zustande bringen und würde auch nie an seiner eigenen Unvollkommenheit herummäkeln.

Aber sein Herz ausschütten, sich dabei erleichtern...?