Sonntag, 30. Juni 2013

Charakterkunde


Es charakterisiert einen, was ihm auffällt, und was ihm dabei als erstes einfällt.
Nichts würde mich zum Beispiel weniger kümmern als die Politik, wenn sie nur endlich aufhören wollte, sich ständig um mich zu kümmern.

Politik

Die erfolgreiche Verhinderung unliebsamer Interventionen von Seiten all der Leute, die gute Lust hätten, sich mit Dingen zu befassen, die sie was angehen.
Sie ist „die Kunst, sich der Menschen zu bedienen, indem man sie glauben macht, man diene ihnen.“ (Louis Dumur)


Es ist eine Spezialität der Politik von Demokratien, dem Volk weis zu machen, dass es regiere.

Per Ausübung seiner drei Gewalten tritt besagtes Volk dann täglich den argumentativ nicht zu widerlegenden Beweis an, dass seine Klientel gar keine andere Sprache verstehe als die Gewalt.

An dieser Sorte Machthaberei sind schon viele Menschen gestorben worden, aber nur sehr wenig Machthaber.




Samstag, 29. Juni 2013

Informationsflut

soll etwas Ängstigendes sein.

Die bereits Schlange stehenden
Kümmerer und Betreuer
der neu zu etablierenden Tiefbauabteilungen
lehren so
die virtuelle Datenschwemme fürchten.


Dabei braucht es selbst fürs hochgefährliche Autofahren
auch im dichtesten Verkehr
nur die Kenntnisse und Fertigkeiten
des Autofahrens
und das Festhalten am Ziel.

Neuland

Wehe dem Neuland, das ein Gewalthaber entdeckt haben will!
War doch auch das bereits zurechtregierte Land ehedem Neuland.

Der Philosoph Precht


verordnet unserer kranken Zeit mehr von den Remedien Respekt, Anerkennung und Achtung.
Vermutlich kennt er nicht den Unterschied zwischen den überall freigebig aufgestellten Gessler-Hüten und den unbezahlbaren Hüten, welche die Unterworfenen erst einmal haben müßten, um sie überhaupt ziehen zu können.

Außerdem ist es ja gar nicht wahr, daß niemand einer vorgehaltenen Pistole den üblichen Repekt zollte.

Es sind schlimme Zeiten, wenn ein Nobelpreisträger etwas über des „Kaisers neue Kleider“ sagt, und nicht das möglicherweise Zutreffende der Beobachtung debattiert wird, sondern erst mal feststeht, daß das eine Respektlosigkeit sei.

Aus allen Röhren schallt zudem ein uralter Hut als neues Prechtmittel:
Liebe, liebe, liebe...“
Ein Befehlsstakkato
als Brot der Armen.

Freitag, 28. Juni 2013

„Oh wie gut, daß niemand weiß...


wie in Wirklichkeit ich heiß.“

Zum Schutze seines Rechts 
begeht er jedes Verbrechen, 
das er im Bedarfsfalle 
post festum 
eigenhändig legitimiert.

Vom Konservieren


Der Wunsch nach undisputierbarer Geltung und aboluter Gültigkeit der Vorbilder will im Innersten das Ende der Geschichte, weil alles an Erstrebenswertem doch schon da sei.



Michel de Montaigne


sagt über die Differenz zwischen dem, was einer ist, und den Drang des Über - sich-Hinaussein - Wollens nur zur Hälfte Richtiges: „Und auf dem höchsten Thron der Welt sitzen wir nur auf unserem Arsch.“ 
 
Jenseits des selbstreflexiven Skeptizismus des Subjektivisten lauert die peinliche Erfahrung, daß auf den Thronen dieser Welt ja schon die Ärsche sitzen, mit ihrem Drang, sich auf uns zu stützen.

Donnerstag, 27. Juni 2013

Idealismuskritik


Es gibt nur das, was es gibt.
Das, was sein sollte, hat es nie gegeben.“
(Lenny Bruce)

Man kann es eigentlich gar nicht kürzer sagen, aber diese Idealismuskritik geht den hartnäckigen Idealisten seit jeher an ihren Sitzschwielen vorbei. Daher vielleicht doch noch ein kleines Verweilen bei der Thematik.

Das Problem ist nämlich, dass man dem Idealismus gar nicht entkommt. Er ist sozusagen die natürliche Einstellung des Geistes gegenüber der empörenden Realität. Sein Automatismus ist ebenso erschreckend wie das Zuschlagen eines Reflexes.

Idealismus ist schlimmer als die Masern. Man kriegt ihn immer wieder.

Selbst ich bin gegen seine ewige, diensteifrige Präsenz nicht gefeit und falle nur zu gerne und leider auch häufiger als mir lieb ist auf ihn herein.

Im Grunde ist das auch gar nicht immer gleich eine Katastrophe, sondern eine Art lässlicher Sünde, die nur geringen Schaden anrichtet. Zudem meistens nur bei den ihm auf den Leim Gegangenen.

Schlimm wird es nur, wenn diese lebensweltlich umlaufende ideelle Münze zum weltanschaulichen Prinzip mit dem üblichen absoluten Ausschließlichkeitsanspruch erhoben wird. Wenn also die bloße Anständigkeit im Umgang miteinander zur Religion des modernen Staates erhoben wird, zur Moral...

...dann ist plötzlich der selbstverständliche Respekt, den man klugerweise im Umgang mit den Nachbarn walten lässt, zu einer Gottheit erhoben, die dem Knecht seltsames, ihn schädigendes Gebaren, selbst in der Abwesenheit des Herrn gebietet.


Und selbstverständlich muss dann der Herr beim Schädigen des Knechts sagen, dass er das im Auftrag des sie beide vereinenden höheren Prinzips tut.

Und ist gehalten zu schließen mit einem höflichen „Verstanden, Sie armes Arschloch?

Aus gegebenem Anlass


Der Spott über die schäbige Kehrseite von allem ersetzt nicht die Kritik an der glamourösen Fassade.
Andern- und gegebenenfalls gehören halt die Hofberichterstattung über Zustimmungsfähiges und der Comedian zusammen.

Coup-Thriller

Das durch und durch realistische Caper movie zeigt ein kriminelles, aber immer sympathisches Kasperl, das zusammen mit anderen Experten den Sieg der subjektiven Vernunft über das Krokodil der ungünstigen Verhältnisse bebildert. 
Und da fragen sich die Mandarine, woher die angeblich deroutierte Moral ihrer Zeitgenossen kommt! 

Mittwoch, 26. Juni 2013

Professionalität der niederen Instinkte


Wenn ein Boxer seinen Gegner per K.O. fachmännisch auf die Bretter legt, wird ihn und sein Publikum das mit einem wohltuenden Gefühl professioneller Genugtuung erfüllen.

Es gibt eine ganze Reihe von ähnlichen Jobs in der bürgerlichen Welt, deren professionelle Erledigung zu dem klassischen Dreiklang des Wahren, Schönen und Guten einlädt: “Und siehe, es war gut.“

Nur Entgleiste finden an diesem Lauf der Dinge etwas auszusetzen.

Entweder - Oder

Wer die Fahne seines Haufens hochhält, kann nicht die whistleblower zusammentrommeln.

Vom Geist, der verneint

Der sogenannte Negativismus löst zwar nicht ein einziges Problem, aber er geht jeder Menge Leuten auf die Nerven, was allein schon die Anstrengung des Negierens wert ist.

Dienstag, 25. Juni 2013

Humanitäre Hilfe


Das Wort „Humanität“ gehört zu den berüchtigtsten, die sich zu allen Beschönigungen des menschlichen Verderbens missbrauchen lassen. Durch vornehmen Klang die Aufmerksamkeit erwecken und doch im Grunde die Hörer in Dunkel und Unwissenheit hüllen. 

(Fichte in „Reden an die deutsche Nation“, Ausgabe 1824, S. 101.)

Winner takes all.

Einen in die Tonne zu treten, ist schön.
 
Schöner ist es,
den daraus Hervorkrabbelnden
auch noch genüsslich
mit Trost zu versehen.

Weisheit


erwirbt man auf jenen längeren Umwegen, die noch das Beste daran gewesen sein werden.

Montag, 24. Juni 2013

Staatsbürgerkunde, § 1

Wie schon der Alte Fritz sagte: „Moralische Urteile sind meinem Wesen fremd.
Wie denn auch nicht?
Wessen Wesen mit der modernen Staatsgewalt theoretisch und faktisch zusammenfällt, der hätte in einem Wochenendseminar über Ethik zwar die erhebende Gelegenheit, juvenile Greise über die Aporien von Macht und Verantwortung problematisieren zu hören, aber getauft werden neu geborene Staaten mit Blut.

Punktum!
Das mit der Moral erledigen hinterher die Preußischen Historiker ganz von alleine.

Woran man merkt, daß man alt wird.

Wenn die Feinde keinen Namen mehr haben, sondern nur noch vom Unsinn des Überzeugenwollens die Rede ist.

Sonntag, 23. Juni 2013

Kassandra hat immer recht

Mag sein, dass der Schlaf der Vernunft Ungeheuer gebiert, aber ihre hellwache Betätigung hat bislang nur Ungeheures in die Welt gekreißt.

Kein Wunder, dass die Sicht des Klassenclowns so beliebt ist: jede Missgeburt ein liebenswertes Geschenk an die Menschheit.

Blogwärterei

Die hier mehr oder weniger ziselierten Ideen, so sehr sie zu meinen Lieblingen zählen mögen, sind in der Mehrzahl nachweislich unpopulär, also kommerziell und zwischenmenschlich eindeutig unverwertbar.
Niemand wird ihnen vorwerfen können, dass dergleichen dem virtuellen Nirwana anvertraut wurde, um eine Schönheit in die Heia zu quatschen, oder in einen Kirchen- oder Gemeindevorstand gewählt zu werden, oder den Doktor honoris causa nachgeworfen zu bekommen.

Das lässt sie ihren geschäftstüchtigen und sozial kompetenten Gegnern überlegen erscheinen.

In Wirklichkeit kann es sich bei so viel nachgewiesener Zwecklosigkeit bei gleichzeitigem stilistischem Aufwand nur um die Ausdrucksdränge eines – sagen wir - Drüngstlers handeln.

Dialektik

Die kampfförmige Bewegung der Wirklichkeit auf ihren Begriff gebracht.
Deswegen will keiner von ihr etwas wissen.
Lieber sich prügeln.

Freitag, 14. Juni 2013

Parteilichkeit

Gebildete stehen gewöhnlich höher als auf den Zinnen der Parteien, also mit beiden Beinen voll in der Luft.
Diese Position erlaubt ihnen eine genaue Ortung und Einschätzung des stärkeren der Bataillone. 



Hallo!
Bin jetzt mal wieder mit meinen beiden Beinen eine Woche auf dem Bummel. 
Man liest sich also erst am Montag in acht Tagen wieder. 

Würde der Arbeit

Der dem Arbeitstempo Standhaltende entäußert sich in wunderliches Zeug, das andere Anhängsel des Maschinenparks zu ihren Wohnhöhlen schleppen, oder auf Schlachtfeldern kaputtmachen sollen.
Damit das auch reibungslos klappt, lehrt ein - wenigstens sich darin einiger - Ideologenstand beide, ihr erbärmliches Tun als eine Art Dienst an der Menschheit zu verstehen.
Das bedenklich sich verschlechternde "Konsumklima" lässt diese Theorie als in mehrfacher Hinsicht nicht so ganz ausgereift erscheinen.

Narzissmus und Virtualität

Nur das was dir leibhaftig widerfährt, passiert einzig und allein dir.
Richtig.
Was  - und ob überhaupt - die anderen davon erfahren, steht in deinem und ihrem Belieben.
Richtig?
Richtig.
Wenn du also möchtest, daß Verständigung über die Welt stattfindet,
dann sprich lieber nicht über dich.

Donnerstag, 13. Juni 2013

Funktionalität der Religion

Was den Staat in Religionsdingen allein interessieren darf, ist: wozu die Lehren derselben anzuhalten sind, damit er nützliche Bürger, gute Soldaten, und überhaupt getreue Untertanen habe."

Dieser markige Spruch stammt nicht aus der Feder eines Denunzianten oder eines Hetzers, sondern ein Holzhacker namens Immanuel Kant führt hier die aufgeklärte bürgerliche Vernunft am Werke vor.

Wohltätige Beschränktheit

Die Menschen können mich mal gern haben, die uns fürsorglich etwas verbieten, bloß damit ein paar Idioten Spaß an der Übertretung haben.

Romantiker

Haben sich die schwierige Aufgabe der Darstellung des Undarstellbaren gestellt, und sind ewig enttäuscht von den nicht einmal ihrer Kritik standhaltenden Ergebnissen.

Possierlich.

Wie der sehnsüchtige Schwanz, der mit dem Hund zu wedeln versucht.

Mittwoch, 12. Juni 2013

Zukunft

"ist was man daraus macht."
(Ihre Bundesagentur für Arbeit.)


Da bin ich mir ganz sicher, dass ihr für uns eine sinnvolle und billige Verwendung finden werdet.

Mitleidspolitik

Ohne Ausnahme gilt für die menschliche Gattung insgesamt, dass jeder von uns innerlich gefestigt und stark genug ist, das Elend und den Tod aller anderen mit moralischer Größe klaglos hinzunehmen.

Mythenkitt(sch)

Keine Hose auf dem Hintern globalisiert der amerikanische Strolch seine ekelerregende Freiheitsfeier.

Gut gekleidet, gewaschen und gekämmt fürchtet der europäische Strolch solche gemeinschaftsbildende Freiheitsfeier.

Leider haben Strolche noch nie voneinander gelernt.

Dienstag, 11. Juni 2013

Lehrer

sehen sich gern als die entscheidende Kraft beim Aufbau einer Zivilisation. 


Einverstanden, denn Zivilisation ist jene Hybridisierung von Grausamkeit und schwachsinniger Ungeschicklichkeit, von der kein Lehrer sich je hat träumen lassen, dass er da dabei war.

Poltern als Kleinkunst

Man kann davon überzeugt sein, dass der grundgesetzlich geregelte Umgang mit den Leuten ein Übel für den ganzen Haufen ist, aber auch davon, dass jeder Versuch, diese geordnete Abwicklung ruinösen Unfugs abzustellen, mangels Bündnispartnern nichts als luftigster Zeitvertreib ist.

Schönen Tag noch!

Grüß Gott, du nächster meiner alten Tage.

Hab gut geschlafen... danke... ohne Frage...

Und jetzt versetz dich mal in meine Lage:

Du wirst mir doch schön schön, gell?.... Auf zur Waage!

 

SCHAIIISSSÄ!!!

Montag, 10. Juni 2013

Grabinschrift

Bekehrungsresistent starb er wie er lebte: unbekehrt.

Gerechtigkeitsfimmel

Die Moral der Sandkastendebatten in den Rang einer womöglich auch noch revolutionären Tugendlehre erhoben.

Staatstreue

Eine sehr schlechte Angewohnheit.

Wie beim Rauchen, nimmt man um eines fragwürdigen Vergnügens willen die permanente Schädigung in Kauf.

Sonntag, 9. Juni 2013

Selbsterlebensbeschreibungen (Autobiographien)

Obwohl man noch nicht einmal der Wahrheit über sich selbst wirklich habhaft werden kann, ist die Behauptung, das gelte für alles Denkbare, ein liederlicher Analogieschluss.
Dinge und Sachverhalte haben schließlich nichts zu verstecken.

Spiegelleser wissen mehr...

... an ausgepinseltem Hintergrund zu goutieren, als für eine Beschäftigung mit dem Grund nötig ist.

Ramsch

Diese idiotischen Gedankengefühle über Freiheit können nur Gefängnisinsassen ersonnen haben.

So wie verarmte Hasardeure gerne vom Glück faseln.

Samstag, 8. Juni 2013

Norwegenbummel (Oslo/Bergen/Flam/Voss/Mjölfjell/Geilo/ Oslo)

Materialien zu einem Bericht

NATURschwärmerei

Es gibt ein Hostel namens Mjølfjell. Und an der Bergenbahn liegt eine Station gleichen Namens. Da denkt man doch, diese beiden Dinge stünden in einer näheren Beziehung zueinander.
Ach, meine Freunde und innigst geliebte Feinde, wir alle haben weit gefehlt. Um genau zu sein: um 6,5 km.
Zunächst ist da erst mal keiner da, den man fragen könnte, in welcher Richtung denn nun das Vandrerhjem liege. In die Wildnis hinein gibt es da mehrere Möglichkeiten.
Ah, da hinten stehen zwei legginsbestrumpfte Softshells über eine Karte gebeugt.
Hier sind wir und da geht’s hin und:
- „You choosed a very fine day.“
- “Can´t remember! Must have choosen me. Accidentally.”

Das ist aber auch ein Tag, um den Weg unter die Füße zu nehmen!

Windstille Bläue.
Die Fichtenzeilen jenseits der Seen kippen in die Spiegelfläche. Die schöne Welt gleich noch einmal.
In den verlandenden Blänken zahllose kleine Spinnennetze, aus denen die Tautropfen blitzen.
Und die vom Alkohol aufgeweichten Muskeln haben inzwischen wieder ihre Spannkraft aufgebaut: es läuft sich gut in das Birkenlichtgeriesel hinein. Wie gut, dass es mich gibt, und wir einander haben!
Mittags dann Aufbruch zu einer wunderbaren Tour zu - und um -einen See südwestlich des Hostels. Bei dessen rechtsseitiger Umrundung kommt man an einen Punkt, wo die Szenerie jenseits des Sees die Beine spreizt, und du gehst einfach in Richtung mons pubis weiter, wenn der Pfad sich verliert.
Die Schafe blöken empört. Dabei latsche ich noch nicht einmal in ihrem Essen herum und verzehre nur Preiselbeeren, Blaubeeren und Himbeeren.
Das Geschlecht der Liegenden mit den gespreizten Oberschenkeln entpuppt sich als Schlucht, aus der es reichlich in den See wässert. Problem: schmerzhaft mit nackten Füßen über die glitschigen Steine furten, oder an der engsten Stelle, welche die tiefste und reißendste zu sein pflegt, einen Sprung riskieren. Bubenkünste!

Dann der Aufstieg zum nächsten See durch den Birkengürtel. Der Auslauf des oberen Sees stürzt sich fächerförmig über Stufen.

Ringsum die greisen Häupter der Berge ebnen sich ein zu einer sanft dahingleitenden Linie. Das 360 Grad Panorama, eine unaufhörlich dahinrollende Woge...
Dieser Linie wegen werde ich immer wieder nach Skandinavien gehen.
Bin hoffnungslos in sie verschossen.
Ich hab sie in mein Herz geschlossen.
Den Schlüssel hab ich weggeschmossen.

Und wenn ich sterbe, kann ich euch jetzt schon meine letzten Worte verraten: „Die Linie, die Linie...“

Den Kartenpunkt 1204 steuere ich weglos durch Rentierflechte und vertrocknete Moose an. Außer mir keiner da im weiten Rund. Und wer es noch nicht weiß, dem verrate ich es jetzt, was mir die Natur da oben geflüstert hat:
Ich bin nicht von ungefähr weiblichen Geschlechts. Ich will gar nichts von dir. Im Grunde bist du mir vollkommen gleichgültig. Wenn du es aber raus hast, wie ich genommen sein will, gebe ich dir alles, was du dir mir gegenüber herausnimmst.“

Fahrt mit dem Expressboot in den Sogne-Fjord hinein nach Flåm:
Das ist eine Fjellwanderung, ohne dass man auch nur ein Glied rühren müsste. Man schwebt erst in einer verwirrenden Schärenlandschaft herum und hofft, dass der Kapitän schon wissen wird, was er da treibt.
Es wird immer dramatischer, wenn der Fichtenwaldgürtel über sich hinausführt in das krönende Kahlfjell, auf das eine Zunge des Jostedalgletscher herablappt.
Was soll man sagen? Wenn einer mit Wärme von seiner Liebe spricht, erkaltet der Zuhörer augenblicklich, und sein Blick beginnt ziellos, aber hilfesuchend, umherzuirren.
Daher nur soviel zum Charakter der Fjordwände:
Sie sind Schürfwunden. Die rissigen Schrunden im Fels glänzen von den Schmelzwassern der Schneefelder. Im grauen Grind sprießt Grün in den Spalten und Bändern.
Und dieser uralte rissige Schorf gibt einem das Vertrauen zurück, dass es auch Heilung gibt für diesen hier herumstrawanzenden Haufen wild gewordener Moleküle.
Das Leben ist eben nicht eine langsam verblutende Wunde.
“I've never seen a sight that didn't look better looking back
I was born under a wandrin' star

Life can make you prisoner and the plains can bake you dry
Snow can burn your eyes, but only people make you cry
Home is made for coming from, for dreams of going to
Which with any luck will never come true
I was born under a wandrin' star.”


Wer mehr oder gar anderes über die Spezifika der Liebe zur norwegischen Natur erfahren will, der gehe hin und versuche es doch selbst einmal.

Zur Mythologie der Linie
Wenn man oberhalb von Bergen auf dem Ulriken steht, hat man im Westen das Flachrelief der Schären und der noch "jungen" Fjordlandschaft vor Augen. Das Charakteristische des Prospekts ist die elegante Verflochtenheit der Linien.

Man begreift: die Linie ist keine Begrenzung.
Umgekehrt: ohne sie wäre das andere nicht. Sie ermöglicht es in ihrem tastenden Suchen. Hat sie sich irrtümlich festgelegt, wird sie es das nächste Mal besser machen.
Im Grunde gibt es sie ja gar nicht. Sie ist das, was beim Aufeinanderstoßen der Felder passiert.

Und diese Spannungsverhältnisse in ihrem Schwung!

In fernöstlichen Tuschlandschaften auf Seide wird Geschehnis, was ich meine. Da wächst etwas aus dem Nichts und verweht. Alles Dichtere mehr Wolke als feste Greifbarkeit.

Das Gegenteil davon: der Klecks.

Der Klecks hat in dieser Welt nichts weiter vor, als sich in seiner Kleckshaftigkeit zu befestigen und eventuell mehr aus ihm selbst Gleichartigem zu werden. Er kann sich gar nicht vorstellen, dass es etwas geben könnte, das sich selbst voraus ist.
Aber das geht doch gar nicht!“ sagt Seine Klecksität ernst und mit besorgtem Blick auf die Linie.
Sich selbst voraus zu sein, ist aber die Bedingung dafür, einen Klecks durchqueren zu können. Die schwarze Linie entwirft sich in die schwarze Klecksität und braucht dem Projekt dann nur noch zu folgen. Sie läuft sich buchstäblich selber nach.
Der Klecks selber merkt davon gar nichts, dass etwas optisch mit ihm Identisches ein von ihm Unterschiedenes sein solle. Bislang waren noch alle eingemeindeten Kleckse genau so klecksig wie er.

An seinem anderen Ende der Durchquerung angelangt entwirft sich die Linie erneut ins Freie und läuft sich ins Offene nach.

Als seinerzeit die Amphibien sich aus dem Wasser warfen, mussten das genau solche verspielten Typen gewesen sein.

Von einer, die es wissen muss, habe ich auf der Kunstmeile von Bergen die Bestätigung erfahren, dass dem im Ästhetischen genau so ist. Der norwegischen Künstlerin des abstrakten Expressionismus, Anna-Eva Bergman , war eine Ausstellung ihrer Zeichnungen gewidmet.
Eine andere, die sich in solchen Sachen auskennt, meint - und damit sind wir schon Drei! - zur geschwungenen, ausladenden Linie:
Die Kurve ist die schönste Linie zwischen zwei Punkten. (Mae West)


Norwegische Menschenkünste
Bei so viel Unterschiedlichem im Bereich der Ars und der griechischen technê muss man einfach sortieren. Und vielleicht ist ja die bloße Technik doch etwas anderes als die Kunst. Mal nachschauen.
- Das geht schon los beim Hammer als Waffe der alten Wikinger. Seine Verhimmelung: der Hammer in der Hand des Gottes Thor.
Die damit verbundene Militärdoktrin, dass ein Gegner, dem man mit einem seitlich geführten Streich in die Kniegegend das Knie gebrochen hat, als kampffähiger Feind nicht mehr in Betracht kommt, gehört eindeutig in den Bereich der Techne.

- Magnus Hakonarson Lagaboetir (‚Gesetzesverbesserer'), König von. Norwegen 1263-1280 ließ aufschreiben: „Sollte ein christlicher Haufen oder sonst einer zur Strafe der sündigen Menschheit uns in kriegerischer Absicht heimsuchen, werden wir dem Ruf unseres Königs zu den Waffen folgen.“ Das gehört eindeutig unter die Rubrik der Herrschaftstechnik. Vor allem, wenn man den Einzelheiten der staatlichen Sicherheitsvorkehrungen nachgeht. Je nach Einkommenslage mussten diese Armen im ersten Jahr ihrer Erwerbsfähigkeit sich eine Axt zulegen, im zweiten einen Schild, im dritten eine Lanze.
Man beachte die Reihenfolge! Ein vernünftiger Mann hätte mit der Distanzwaffe Lanze angefangen, sich dann einen Schild zugelegt, und erst ganz zum Schluss die Axt. Aber es geht ja nicht um deine Sicherheit, sondern um die Verteidigung deines Herrn.

- Norwegen ist im Designbereich ein sehr produktives Land. Die Museen in Oslo und Bergen zum Thema Gebrauchskunst sind hervorragend sortiert, und man nimmt an Regentagen belustigt zur Kenntnis, dass die industrielle Fertigung von Kunst-Affinem und das Kunsthandwerk so manches hübsche Elaborat für die unterschiedlichsten Geldbeutel hervorbringt. Vielleicht sollte man aber doch darauf bestehen:
Guter Geschmack ist der Feind der Kreativität.“ (Pablo Picasso)
- Da lobe ich mir doch die Straßenkunst eines Dolk.
http://gategallerier.blogspot.com/search?q=Dolk
(Nach Aufruf des links zum 13. Mai 2010 scrollen!)
Der Gefangene, der sich in diesem Schablonengraffitti auch noch eigenhändig stigmatisiert!
Oder ist er einfach der normale Trottel, der seine Freiheit negiert, um mit seinen angeblichen Fesseln zu kokettieren?
In beiden und allen noch denkbaren Fällen wird von der grundsätzlichen Freiheit ein sehr fragwürdiger Gebrauch gemacht.
Denk mal an!

- Vor dem Friedensnobelpreis-Gebäude zu Oslo steht eine Installation. Ein Neonlichtschriftzug hebt intermittierend LAUGHTER oder S/LAUGHTER hervor.
Gut, es gibt keine komplexere Moral, die auf diesen grotesken Zusammenhang noch nicht verfallen wäre. Was es also mit der Sozialkritik in der Kunst auf sich hat, kann man dem Leuchtband, das zwischen Spaß und Schlächterei im fun hin und her zuckt, entnehmen.
Sicherlich hat diese Installation etwas gegen das bewusstlose Einstimmen ins „konsentierende FUN-dom“, aber aufzuckende Freude über diesen blutigen Witz unter Einverständigen ist schon das ganze selbstbezügliche Ergebnis.
Es ist die Kunst der konformierenden Asozialen, die keine fünfzig Schritte weiter den letzten Friedensnobelpreisträger bedenkenlos feiert. Der Grund für die Wahl Obamas als den letzten Preisträger ist die hiesige Ideologie eines überkommenen, gnadenlosen Sozialismus. Und die nimmt seit jeher (also seit Lenins Ausrufung eines neuen Moralsystems) die Absichtserklärung schon für die Tat. Als ob sie wüsste, dass die Realität noch jedes Ideal in Scheiße verwandelt, optiert sie für ein uneinsichtiges „Dennoch.“

- Kommen wir also zur repräsentativen Kunst im öffentlichen Raum. In Bergen wurde die ehemalige Börse zu einem effektiven Touristenbüro umgewidmet. Ich sage das ohne Anzüglichkeit. Die Wandfresken feiern – wie im Osloer Rathaus – die vorindustriellen Lebenswelten des Arbeiters.
Die Formgebungsidee ist auch hier eine gebremste Moderne. Will heißen: es gibt stilistische Entlehnungen aus dem Expressionismus in der ansatzweisen Geometrisierung der Körper, aber alles sehr dezent.
Das hat dem Künstler wohl hier in Bergen – wie dort in Oslo - den Zuschlag verschafft. Ohne dass explizit von entarteter Kunst die Rede ist, degradiert der normale Kunstverbraucher eine Kunstidee zu einem gefälligen Abweichen vom Wiedererkennbaren. Er macht den Expressionismus zu einer Manier, und die kommt ihm von den Manieren, den selbstverständlich guten.

- Wo die Wohltemperiertheit des Schicklichen vermisst wird, gibt die Wohlmeinendheit keinen Deut aus. Das musste der Maler Arne Ekeland erfahren, als er seine Entwürfe für die Fresken des Osloer Rathaus einreichte, und sich darin Arbeiterschaft und Bürgertum eben nicht beseligt in die Arme fallen, um die anzustrebende Klassenharmonie zu feiern.
Eins seiner berühmteren Gemälde ist der „Letzte Schuss“. Es hängt im Nationalmuseum und stellt einen kleine Verkehrsinsel dar, auf der sich ein Kleriker im Habit und ein Banker mit weiterem Anhang dem final show-down stellen. Was man auf dem folgenden link nicht so recht erkennen kann
http://www.ekeland.org/232.html
ist: der Kleriker neben dem einstürzenden Bankgebäude zielt resigniert ein letztes Mal mit einem gewaltigen Revolver auf die Übermacht der massenhaft heranstürmenden Nackten.
Oder ist es ganz umgekehrt?
Eine Gestalt links im Vordergrund hat einen Radkranz in der Rechten (Allegorie der Industrie) und anstatt eines Kopfes
EINE KIRCHE
auf den Schultern schweben.

Überhaupt viel Sozialkritisches, was sich der reiche, sponsierende Spender namens Sejerstedt Bødtker geleistet hat. Einer der Schleichwege des schlechten Gewissens, sich ein gutes zu verschaffen, ist nun mal das Mäzenatentum.

Dennoch habe ich der Führerin in der Osloer City-Hall widersprochen. Die Arbeiterbewegung kam und kommt nicht aus Russland, sondern aus der Sache selbst.


Reisende Menschen in Norwegen 2010
Es gibt - wie bei den Daheimbleibern halt auch - unterwegs den üblichen repräsentativen Querschnitt durch das genus humanum.
Es gibt in der Hostel - Szene aber doch unübersehbare Neuerungen. Während die Hostels früher für die Regentage Bücher bereit hielten, gab es im „Sentrum Pensjonat“ nicht eins zu greifen. Die ehemalige „Bibliothek“ war aber gut gefüllt mit Ausleihbarem: mit DVDs in ihren Hüllen.
Ich beklage mich nicht, ich stelle fest: die elektronischen Medien haben die Szene doch sehr verändert. Früher fielen nur die Japaner unangenehm auf. Sobald sie sich den Schlafraum zugeteilt hatten, forschten sie – auch durch Abrücken des Bettes, in dem du liegst - nach dem power point, um ihre Akkus aufzuladen. Wühlen dann in den mitgeschleppten Musik—Oblaten, Ohrenschützer auf, und weg waren sie. Japaner sind keine Reisenden, sie sind Dagewesene.
Nicht weiter schlimm, denn fast alle konnten eh nur, was ihnen ihre Mutter vorgeplappert hatte, oder das angebotene English war so gut wie nicht decodierbar. Die einzige Japanerin, deren englisch ich mühelos verstehen konnte, stellte sich als eine in Kanada lebende Honkong - Chinesin heraus.
Heute belegt der traveller sein Bett, öffnet sein Mäuse-Büro (Laptop) und ist dicht. Im Rezeptionsbereich des Aker-Hostels (Oslo) war das Verhältnis der Laptopstreichler zu den daneben sitzenden Entgeisterten 9 zu 3. Die haben sich dann halt auch resignierend zugestöpselt.
Ich habe den Eindruck, die Generation der Einge- und Verstöpselten nimmt ihre Ohrenschützer überhaupt nur noch ab, wenn sie im Gesicht ihres Chefs Mundbewegungen gewahren. Konformierende Asoziale.
Ich erwähne das bloß, damit sich keiner falschen Vorstellungen über die Selbstgestaltungsfähigkeit der Massen hingibt, von der immerhin mal die Möglichkeit der historischen Arbeiterbewegung abhing. (Grund dürfte die allgemein genährte Auffassung sein, dass das in katastrophale Unsicherheit geworfene Sicherheitsbedürfnis der Abhängigen etwas zu verlieren habe.)
Neuerdings geht man nicht mehr mit dem Rucksack, sondern dem Rollwägelchen für den Computer auf eine Welt los, die man als persönliches Angebot zu würdigen gedenkt, oder mit herber Kritik quittiert, wenn dem ach so individuellen gusto nicht Rechnung getragen wurde.
Beispielsweise findet im Schönheitswettbewerb des Tourismus folgendes Arrangement großen Beifall: Ankunft der Flåmbahn am Kjosfossen bei Myrdal.
Per Lautsprecher werden 5 Minuten Aufenthalt am Wasserfall angekündigt.
Rechts neben dem gewaltigen Naturschauspiel erscheint zu sehnsuchtsvoller Melodei eine blonde Schönheit in zigeunerischen roten Plünnen und tanzt was Selbstvergessenes.
Und verschwindet schlagartig hinter einer Geländefalte.
Ihr überraschendes Verschwinden wird aufgewogen durch das zeitgleiche Erscheinen einer blonden Schönheit in zigeunerischen roten Plünnen, die was Selbstvergessenes zu der sehnsüchtigen Melodei tanzt. Diesmal mittig vor dem Wasserfall und gut zwanzig Meter davon entfernt. Und so weiter.
Die baffmachende Koinzidenz von Verschwinden und Rematerialisierung an anderem Ort lässt die Fotografen befriedigt aufschnaufen und ihre Apparate auf Video schalten. Man ist Zeuge eines raffiniert inszenierten Video-Clips gewesen.
Und was war wirklich?
Leere Mystik des Schaustellergewerbes als Wertangebot.

Einen besonders krassen Anwendungsfall meiner Privatmythologie von Klecks und Linie muss ich unbedingt festhalten für mein schon schütter werdendes Gedächtnis.
Ich teile eine Campinghütte in Geilo mit einem, der so inkarnierte Schweiz ist, dass er sich gar nicht vorstellen konnte, sein Gesprächspartner könnte eventuell Anstoß nehmen an dem neuesten schweizerischen Beschluss des Minarettverbots. Hier sein umwerfendes Argument:
Und wenn wir ins Ausland gehen, was ist uns da nicht alles verboten!“
Ihn ängstigt auch die Osloer Szene mit ihrer multi-kulturellen Mischung. Da wäre er doch eher für „eine härtere Gangart in der Immigrationspolitik.“
Mein Gott, was für ein Klecks!!
Hier hilft nur die Mimikry der Linie. Aber heimlich denkt man sich: Genau, die Aufklärung hat nie stattgefunden, die paar bürgerlichen Freiheiten, die der moderne Staat sich wenigstens irgendwo hin aufgeschrieben hat, dass man das gelegentlich mal nachlesen könnte, gehören sich dem generellen Freiheitsverzicht auch noch hinterhergeworfen.
Es lebe seine Majestät, der Klecks!

Wie so gar wundersam anders der 72-jährige, ehemalige Hotelmanager aus den Niederlanden. Ich stoße in Voss auf ihn, wie er gerade in Sloterdijks „Kritik der zynischen Vernunft“ liest. Er reise, um von der NATURE zu lernen, was bei seiner NURTURE (in mehr als einem bloß materiellen Sinne) falsch gelaufen sei.
Es ging uns beiden so gut wie lange nicht mehr. Wie man einander Hand in Hand arbeitet, so lachten wir - einander Erratenden - Hand in Hand.
Seiner Königin habe er anderthalb Jahre auf Papua-Neuguinea als Friedensheld gedient. Diese segensreiche Tätigkeit im Dienste des holländischen Kolonialismus habe zu 300 000 Toten im indonesischen Raum geführt. Er war nämlich nicht nur Augenzeuge wie die Missionare sich die Eingeborenen sexuell gefügig machten, sondern auch unter ihnen aufräumten.
Folgender obszöne Song sei ferner keine bloße Parodie, sondern die Praxis der Missionare gewesen:

Far have I travelled and much have I seen
had blow jobs from bancis and fucked things obscene
been cripled by herpes and things far more fire
but if you want a blow job go to Irian Jaya.
CHORUS:Irian Jaya,to be gobbled by natives is what I desire.
They practice on blowjobs in Irian Jaya.

Mit einem geschätzten Vermögen von über drei Milliarden Dollar zählt sein Königinnenhaus übrigens zu den reichsten Frauinnen der Welt.
Ich helfe ihm aus: „Ja wenn man in New York seit Peter Stuyesant mehrere Straßenzüge an Immobilien sein eigen nennt, ist das kein großes Kunststück.“
Und eine meiner Freundinnen, eine Jüdin, macht sich Kummer über die Höhe der Wiedergutmachung, die man ihr für ihre Olivengärten und die Todesangst gezahlt hat!“
Wie man sieht: halt zwei harmlose Verrückte unter sich.

Gott

und die USA haben es sehr mit der Freiheit.

Wehe dem aber, der sie dazu missbraucht, 

sich nicht für die beiden zu entscheiden.

Wenn es um die Demokratie geht,

 werden linke und rechte Liebhaber der Gewalt bis ans Ende aller Tage versuchen, ihre Idee von der Ausführung zu trennen.

Dabei gehören beide zwangsläufig zusammen.

 
Wesen und Erscheinung


Der einfältigste Einfall des Idealismus ist seine Trennung von Wesen und Erscheinung.

- So ist - nach dieser vorschlagsweisen Sortierung - die Idee des Liberalismus eine ganz vortreffliche, die geschichtlich auftauchenden FDP ler jedoch sind beklagenswerte Typen.
- Die Demokratie - mitsamt dem von ihr irgendwie doch gegen seine eigene Selbstdestruktion in Schutz genommenen Kapital - ist eine unübertreffliche Unkritikabilität, ihre globale Verwirklichung jedoch lamentabel.
- Der Faschismus der davon „verführten“ Idealisten ist selbst nach ´45 himmelweit zu unterscheiden von seiner abartigen Realisierung.
- Das Amt der ministerialen Ressorts ist ein sakrosanktes mit Heiligenschein, an dem gemessen selbstverständlich die Waltung und Verwesung des Amtes immerzu nach einer Auswechslung des unfähigen Personals schreit.
- Die Ehe ist eine vom Himmel selbst uns in den Schoß gefallene Gnade, und was hat der bürgerliche Staat daraus gemacht?

Und so weiter...in der Gedankenfigur, dass alles, was deiner Erfahrung und ihrer begrifflichen Fassung zugänglich ist, Maya sei, Blendwerk, Täuschung, das eines Urteils und der daraus folgenden Handlungen gar nicht wert ist, eben bloße Signatur einer hinter ihrer Negation aufscheinenden wahren Wirklichkeit.

Die Feinde

zeichnen sich durch eine natur- oder schicksalhafte, unveränderbare und unfragliche Bösartigkeit aus. 
Das macht die stattfindende Menschenjagd zu einer Dauerkampagne gegen das Böse, das immer und überall lauert. Gelöscht wird so der Restbestand an Bewusstsein davon, dass in der genüsslichen Abstrafung eine privatistische Verengung gesellschaftlicher Widersprüche vorliegt.

Der Zweck staatlicher Gewalt, die Souveränität freier Verfügung über ALLE vorhanden Interessen, wird durch die Verlagerung des Gewaltproblems in seine Moralisierung geleugnet:
Legitime gute Staatsgewalt – Illegitime böser Gewalttäter.


Freitag, 7. Juni 2013

Unser Verteidigungsminister.

Der Tenor der Kritik an ihm geht etwa so: Man darf nicht nur bloß unfähig sein, man muß schon auch in die Politik gehen.
Falls beides einmal öffentlichkeitwirksam gegen einen ausschlägt, sollte man freilich auch die Eigenschaft nasser Seife aufweisen: glitsch!

Wollen die im Ernst einen besseren Kriegsminister?

Verkennung des Problems: jetzt, wo die Kriegsmaschinen nun mal da sind, wird sich doch wohl – ums Verrecken! – ein sinnvolles Einsatzgebiet dafür finden lassen.

Zweierlei Deutsch


Im Dialekt lassen sich sehr verständlich unsere Wünsche formulieren.
Auf Hochdeutsch läßt sich sehr präzise verabfolgen, warum das nicht geht.

Geburtsurkunde des modernen Staates

„Glaubt, was ihr wollt, aber zahlt, was ihr sollt.“
(Friedrich der Große)

Donnerstag, 6. Juni 2013

Auf der Beliebtheitsskala ganz oben.

Wie sehr muß das sich selbst erniedrigt haben!

Das Schlimmste an der Gegenwart:

ihre hartnäckig herumfläzende Präsenz, die jede Vorstellung einer Zukunft zum lächerlichen Geschwätz erniedrigt.

Kompensationstheorie

Die man mit diesem - ihrem - Leben nichts anfangen läßt, sind immer die eifrigsten
Missionare eines unendlichen anderen.

Mittwoch, 5. Juni 2013

Kapieren vs. Verstehen


Einen Gedanken kapiert man, oder auch nicht, den Beziehungsaspekt von Sprache kann man verstehen, oder auch nicht. 
Sollte daher die Hermeneutik beanspruchen, sie verstehe nicht nur, sondern sei auch fürs Kapieren zuständig, täuscht sie sich.
Umgekehrt erleidet manch ein Wissenschaftler Schiffbruch in den Untiefen des Tieferen, wenn er sein Wissen auch noch verstehen will.

Beware of poverty!


Underdogging may be hazardous to your health.

Es sömmert



In des Rheines Auen, den fecunden,
sind der Öbste Bäuchlein sich am Runden.
Kirschen, Pflaumen, Äpfel...auch die Beeren
sind ganz wild darauf, sich zu vermehren.


Fassungslos und neidisch sieht das Alter:
schamlos treibts die Flora mit dem Falter,
macht - nana! - in aller Öff'ntlichkeit
wahllos ihre Blütenblätter breit.


Ach, beutelte mich doch auch noch einmal so
gemüt-, kultur-, und schrankenlos, und roh
naturbelassen des Geschlechtes Trieb...


den hätt' ich dann gaaanz dolll lieb.

Dienstag, 4. Juni 2013

Virtuelles Datengestöber

In jedem Gedanken steckt mehr Wirklichkeit
als in jeder noch so steigenden Informationsflut.

Staatsreligion

Wenn das Christentum tatsächlich ein Hindernis für all jene Gräuel wäre, aus denen seine Geschichte besteht,
wäre es barbarisch, dem Verein nicht sofort beizutreten.

Wussten Sie eigentlich schon?...

dass Jesus deswegen immer „Wahrlich, wahrlich..!“ sagte,
weil die Wahrheit ja schon von den Schriftgelehrten (Juristen) besetzt war.

Montag, 3. Juni 2013

Freiheitsreligion

Das muss schon eine ganz merkwürdige Religion der Freiheit sein, die allen anderen Nationen Freiheit und Demokratie diktiert.

Sozialhygiene

Wenn die Reichen vor den Armen Angst hätten, würden sie endlich aufhören, sich vor ihnen zu ekeln.

„Nach welcher Seite man auch tritt, man tritt immer in Scheiße.“

(Gustav Flaubert)

Der Mann muß uns gekannt haben.

Schreibt er doch auch ganz richtig:
Es geht mit uns flott voran. Wir tanzen
nicht auf einem Vulkan, sondern auf dem Brett einer Latrine, das mir ganz schön morsch vorkommt.“

Sonntag, 2. Juni 2013

Gläubig


Voller Zuversicht, dass das logisch Unmögliche tatsächlich Ereignis wird.

1. Dieses Asyl des Sklaven erspart ihm seine fürsorgliche Verwahrung. Die Erbärmlichkeit der Wahrheit über die Freiheit des Knechts ist einfach zu genierlich.

2. Wenn das so ist, kann man an Denker und Wissenschaftler eigentlich gar nicht glauben können wollen.

Mode


Die Frau, die bei gut gefülltem Kleiderschrank „nichts anzuziehen“ hat, wurde von der Ahnung beschlichen, dass nichts von all dem da sie wieder wird sichtbar machen.

Motto

Den ungeschlachten Schrei in einen Tanz verwandeln. 
Den Schmerz in einen Gedanken.

Samstag, 1. Juni 2013

Prinzip Verantwortung

Die Selbstabschaffung der Spezies ist durch Konsensfabriken gewährleistet.

Die Gedanken sihind frei..


Es müssen aber schon welche sein, und nicht bloß trübe Leidenschaften, die sich als solche kostümieren.

Adorno reloaded

Jeder clash of cultures ist der Zusammenstoss der ihnen je zugrundeliegenden Formen der Barbarei.

Das hebt sich auf


Der Spinner spinnt verwunderlich
befremdend und absunderlich
als sonderbar langweiliger
frappierend schräger Heiliger.

So eigentümlich eigenartig
exzentrisch, exaltiert, fantastisch
exotisch, kauzig, eigenwillig,
als Mythenfeind ikonoklastisch.

Da trifft sichs ausdermaßen gut,
daß all dies Unerfreuliche -
so wenig wie die gräuliche
Normalitäterei - nichts tut.

Durch die Wildnis.

Abends steigen schräge Strahlen
In die Wolken aus den Seen.
Wind singt müd´ in all dem Kahlen.
So sei einst uns das Vergehen.

Vor dem Fall des Blaubeerlaubs
glimmt es auf in gelb und rot.
Letztes Glühen aus den Wolken
zaubert Licht auf See und Boot.

Lichtreflex ist Widerhall.
Heide wurzelt. Wolken wandern.
Hier das Licht auf See und Boot.
Drüben warten schon die andern.

Tücke des Objekts

Diese findigen Affen sind derart in die Freiheit vernarrt, daß sie sogar ihre systematische Organisation betrieben haben.

Die ist ihrerseits so frei, immer mal wieder, aber vorhersagbar gegen sie auszuschlagen.