Montag, 31. August 2015

Costa- Brava- Schnuppertour

Der heftigste Eindruck war die Hitze.

Ich litt nach dem Abstieg aus dem Hinterland der Garrotxa täglich unter einer "Transpirationitis" fortgeschrittenen Grades. 
Aber nur kein falsches Mitleid. Dummheit bestraft sich entweder selbst, oder muss bestraft werden.

Der einzige Trost: alle anderen waren auch da. Obwohl die Hälfte davon auch schon gereicht hätte. So schon in dem mittelalterlichen Städtchen Besalù.

Zunächst aber zur Garrotxa, die sich mit "wüstem Durcheinander" ganz gut übersetzt sieht. Wenn nämlich ein Bauer hier seinen Pflug einsetzen wollte, dann bleibt es sehr schnell beim Wollen. Da ist nämlich sehr bald immer irgendein Basaltfelsbrocken im Wege. Ist halt Vulkangewirr, und so kommt es, dass erst die Viehzucht, dann die Touristenpflege die Leute hier am Leben erhalten hat.
Das schöne Grün der unter Wäldern begrabenen Vulkane und Schluchten geht auf das feuchte Klima der Gegend zurück. Oder auch so: der Ortsname Sant Joan les Fonts ist mit seinen Quellen im Toponym ein sehr sprechender Name. Und meine eigentlich schön kurze und interessante Besteigung des höchsten Berges Kataloniens, des Puigsacalms endete in einer Stau-Bewölkung, die sich hätte sehen lassen können, wenn es da überhaupt was zu sehen gegeben hätte.

Dann war da noch ein nächtliches Gewitter. Und so kommt es, dass der gereinigte Himmel oben ist,  hier unten die Quellen rauschen, und die Zehen hervorragend getaped sind: eben alles sonntäglich und an seinem Platz ist. 
Da fällt es einem nicht schwer, sogar den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen.

Figueres: Theater-Museum Dalí
Irgendwie streite ich mich dauernd mit diesem Dalí herum. 
Sein "Surrealismus" hat nämlich eine gut erkennbare allegorische Schicht in sich, die kommentierend zu den Zeitläuften Stellung bezieht. Ich kenne diesen Geist nur zu gut. 
Irgenwie kokettierend hingeworfen schon die Skulptur auf dem Vorplatz, an dem die Warteschlange der Ticketkäufer vorbeisickert: Im Vordergrund auf einem uralten Olivenbaumstumpf die Büste eines römischen Soldatenkaisers, vergrämt, weil er um das Gewaltgeschäft nun mal nicht mehr herumkommt. Ihm aufgesetzt ein Bronzekopf, dem die Machtgeilheit nur so aus den Zügen bricht. 
So what, kommentiert der Hintergrund aus Terracottafundstücken, die einen ehrsamen Arbeitersozialismus feiern. Gerahmt wird das Ganze von einer Draperie und dem unverzichtbaren Ei, aus dem das alles kommt.
Was ärgert mich daran?
Die erschreckende Wahrheit, dass das Kommentariat sich einig, aber nichtig ist?
Dalí hat daraus die Berechtigung zur Stilisierung seines Privatmythos, zu Selbstinszenierung gewaltigsten Ausmaßes abgeleitet. Er hat sich sogar eine meisterliche, höchstselbste Himmelfahrt in einen gottlosen Himmel geleistet und gemalt. 
Sein Herum-Christeln in der Schmuckabteilung des Museums ist deswegen ein exzentrischer Witz.

Draussen, wenig später, ein dreibeiniger Twen auf Krücken, der mich um ein Almosen bittet.
"Ich verstehe dich zwar nicht, aber hier hast du..."
Woraufhin der Tripode in astreinem Deutsch weitermacht.
 
Es stellt sich heraus, dass das arme Schwein vor 5 Tagen aus Montenegro hier angekommen ist. Statt mit der ersten der jetzt fälligen 1000 Fragen zu beginnen, stürze ich mich fassungslos und voller Scham in ein:
"Viel Glück."

Ich kann ja manchmal so ein komplettes  Arschloch sein.
 
 
Granja Escola La Perdiu

Der Name dieser schwer zu findenden Unterkunft in der Garrigue sagt etwas über das Öko-Agrikulturelle dieser Massenherberge für Schulen aus. 
Aber ein Piscine war da. Ganz für mich allein. Schuljahreszeitlich bedingt: himmlische ländliche Stille.
Ausser mir nur edle Hühnerrassen, Hängebauchschweine, ein ganz kleines Pferd von dreien, an dem ein noch viel kleineres saugt. Und Zwist macht überhaupt nur eine gehässige Ziege, die einem quieckenden Hängebauchschwein das Leben schwer macht.
Zur Schlichtung des Zwistes ist kein Jurist, und kein Politiker, und nicht die größte Militärmaschine der Geschichte nötig.

By the way, die Ableitung der Notwendigkeit der Staatsgewalt aus den widerstreitenden Bestrebungen der Leute ist Quatsch. Es sind doch vorhersagbar immer die selben, die besagte Gewalt auf ihrer Seite haben. Vielleicht sollte man mal bei deren Interesse an der ihr gefügen Gewalt anfangen. Dann würde - wenigstens logisch - eher ein Schuh draus.
Wieso fällt mir bloß dabei ein: 
Die als "Deutsche" Angerufenen fühlen sich wie die Eigentümer eines Hofes.
Es sollte ihnen endlich mal einer sagen, dass nicht sie es sind, die Anspruch auf die Ernte haben.

Erkundung des Cap Creu
Nach dem Aufreissen der morgendlichen Bewölkung: ein Benediktinerklosterkomplex in den Bergen (Monestir de Sant Pere de Rodes)  mit Sicht auf die ganze Nordküste des Caps von der darüber liegenden Burgruine aus.
Nach dieser Kurzwanderung entpuppte sich aber meine ganze Planerei als Schnapsidee eines uninformierten Menschen.
Schon ein Kilometer vor Cadaqués begann die Warteschlange von Autos, die irgendwie darin unterkommen wollte.
Ich also weiter direkt zum Cap. Da begann die Parkreihe links und rechts von der Strasse ebenfalls weit vor dem Leuchtturm am Ende. Bei der Rückkehr nach Cadaques war die Schlange schon auf über zwei Kilometer angewachsen. Wir müssen allesamt verrückt sein, immer auf das selbe zu verfallen, und zwar gleichzeitig. Das geht nämlich ganztägig so weiter.
Die Costa Brava zur Ferienzeit der Spanier und Franzosen, ein einziger zugestopfter Parkplatz.
Und das bei über 30 Grad.

Ich wollte von Roses aus einen naturbelassenen Küstenpfad zur Cala Montjoi wandern. Ich Waschlappen von einem Weichei habe aber schon nach der ersten halben Stunde aufgegeben. Als ich zum Auto kam, zeigte das Thermometer 36 Grad.
Ist das vielleicht ein Grund, sich zu drücken? Bin sehr unzufrieden mit mir.

 Abends dann doch noch mal aufgerafft und das riesige Castell Sant Ferran oberhalb Figueres umrundet. (Schon die Benamsung dieser größten europäischen Festung nach dem Heiligen Mohrenschlächter Ferdinand macht einen Kotzen!)

Aber gut:  ein herrlicher, tramuntaner Nordwind, Sicht nach allen Seiten: im Norden die Kette der L´Albéra, im Osten das Meer, im Westen die Garrotxa.

Winde und Wolken,
bei allem Wandel bleibt ihr euch wesensgleich.
Beglückend, wie sehr ihr, Freunde, mir gleicht.
 
Tossa de Mar
Hatte am frühen Morgen die ganze Altstadt, und den Hügel dahinter, und die Stadtmauern, und die Miradores ganz allein für mich allein: "Oh...oh...oh..!!"
Habe zwar mönchische Neigungen, aber wenn die Welt rundum nur mir gehört, habe ich überhaupt nichts gegen die Eigentumsidee.
Solange keine Gewalt ihr zur materiellen Durchsetzung verhilft, schadet sie auch keinem.
Ganz grosse Oper, diese Landschaft: Felsschaft  mit Meerschaft.

Woge, liebe Woge,...
Ach, du bist nicht, was du warst?
Und warst ja doch, was du bist:
Verlöschendes, auf immerdar seiend.

Dann Ausflug nach Blanes. Der Botanische Garten "Mar i Murtra". Fortsetzung von: "Oh...oh...oh.."
 Folgen die Jardins De Santa Clotilde in Lloret de Mar. War aber dieser italienische Renaissancegarten bloss so:
"Oh jaaaa!"
 Es ist diese dramatische Felsenküste und die Gartenkultur, die das Gefelse noch mal eigens durch Kontrast rahmend inszeniert, was mich so begeistert. Auch auf der Abschlusswanderung: Cami de Ronda von Platja d´Aro nach Palamos, wo die dramatischen Akzente der Aleppokiefern noch hinzu kommen.
Das sind diese knorrigen Überlebenskünstler, die dem Wind gehorsamen und damit erst so recht Schwung und Dynamik ins Bild bringen.
 
Du verstehst schon richtig: das wird das Hobby meiner alten Tage.
 
 

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