Donnerstag, 15. Oktober 2015

Keine mail-Schnippsel aus dem Schweizer Jura


Meine geliebte Gänse - Liesel namens Renate hat nämlich alle diesbezüglichen mails versehentlich gelöscht.
Pech für euch. Denn ich war ja da, und mir wuchs so mancher Apfel der Streuobstwiesen in die Hand.
Und ich war in den Freibergen, einer weit hin schwingenden Almlandschaft.
Und ich war am Doubs, dessen Name Dubitus schon sagt, dass er doch sehr im Zweifel war, wo es denn nun mit ihm hin solle. Irgendwer muss ihm wohl verraten haben, dass er – wenn er so weitermacht – unweigerlich in den Rhein mündet und folglich bei den Deutschen landet. Verständlicherweise geschockt wendete er sich seinerzeit bei St. Ursanne um 180 Grad, um sich doch lieber mit der Rhone zusammenzutun.
Und ich habe mir in Dornach-Arlesheim die am Organischen sich orientierenden Architektureinfälle Rudolf Steiners im Goetheanum und deren Ausstrahlung auf die Umgebung angesehen: für eine Entfaltung der anthroposophisch sich anthropierenden Persönlichkeit kann man nun wirklich jeden skurrilen Einfall halten.
Bizarrerien sind aber nun mal kein Stil.



Eine einzige mail hat sich erhalten.
Bitteschön, kuckstu hier:
Wolkenloses Blau über den sich herbstlich verfärbenden Jurahügeln.

Besuch des "Gnadenorts" Maria am Stein.
Die Hunderte von dankenden Votivtafeln geben keineswegs Auskunft über die Tausende der trotz aller Gebetsstürme dennoch Dahingegangenen.
Diese Stätte des finstersten Aberglaubens ist einerseits ein entsetzliches Zeugnis des verwirrten Geistes, andererseits aber auch eine sehr schöne und eindrucksvoll gelegene, barocke Wallfahrtskirche.
Sogar den Tamilen wird da in ihrer Schrift erklärt, dass der Hahn an dem Kessel da fürs Abfüllen von Weihwasser da ist, und nicht zum Waschen der Hände und Füße.

Dann die Grenzfestung Landskron. Einst unüberwindlich gemachter Zankapfel zwischen den Deutschen, den Eidgenosssen und den Franzosen.
Heute ein Symbol alles Vergänglichen: heute eine Ruine, von der aus man rechts den Schwarzwälder Belchen und den Feldberg sieht,
und links über der Burgundischen Pforte den Elsässer Grand Ballon.
Das Ganze 10 km von Basel entfernt (20 Trambahnstationen) in einer dicht besiedelten Landschaft, in der man wohnen möchte,
wenn man denn der Idee des Wohnens irgendetwas abgewinnen könnte: um jedes Haus kann man herumgehen, und es steht umringt von bebaumtem Grünen.

Am Nachmittag dann ein ebenso rentabler Baselspaziergang.
Herrlich, diese Schweizer Städte, in die noch nie eine einzige Bombe eingeschlagen hat.
Da steht noch alles da wie vor Jahrhunderten, dem Nachbarn abgetrotzt. Edel und gediegen.
Das ehemalige Palais eines Seidenmanufakturisten, heute das Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt weist als plastisches Dekor weinende Fratzen auf.
Die Symbolik dieser Inszenierung habe nicht ich erfunden.

Kunst, Kraft und Fleiss, zu Gottes Preislese ich an einem Kirchenfenster.
Und „Jedem das Seine“ an der dortigen „Bürgermeisterei“ und ihrer sich selbst feiernden Gerechtigkeitspflege.
Beidem entnehme ich, dass nichts gegen die Gerechtigkeit beim Verteilen der restlichen Verfügungsmasse spricht, wenn der Herr in seinem Anrecht auf seine gerechtfertigten Forderungen saturiert ist.

Bis dahin gilt aber die längst verloren gegebene und heute wie Hundsdreck behandelte Dialektik: „Menacée parce que menaçant .“

Was wir uns doch alles Schlechtes antun, damit es uns endlich mal gut geht...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen