Dienstag, 10. März 2015

Malta-Notate

Ließe sich jeder Pater und jeder Frater in einen Baum verwandeln, Malta wäre eine wirklich schöne Insel.

Der Baumkargheit entspricht umgekehrt proportional ein Überschuss von fast 365 Kirchen.

So besteht das erste Kunststück auf Malta darin, dem Auge spektakuläre Szenerien an zu erwandernden Steilküsten zu bieten.

Ich habe herausgefunden, dass es gar nichts ausmacht, wenn auf der Landkarte keine Pfade eingezeichnet sind. Man kann über die verkarsteten „bad lands“ („malpays“) ganz gut durchs Ungebahnte an den Klippen entlanggehen. Die Meerzwiebel-Blätter und Kameldornartiges sind kein echtes Hindernis.

So turnte ich an den Dingli-Cliffs entlang (über 200 Meter hoch), über den Marfa Ridge, auf Gozo die einzigartige Küstenerosion nördlich von Gharb bis Marsalforn ab, und den ganzen Nordwesten über die Ghain Tuffieha-Bucht bis hinunter zum Fomm-il-Rih.

Habe mich in diese - meinem Leistungsvermögen angepasste – angenehme Verausgabung von Beinmuskelarbeit verliebt.

Das wird mein Hobby für die nächsten Frühlinge.



Paulus, der Lukrative

Sehr angenehm und vorbildlich die Transferkosten per Bus auf Malta:

6, 50 für die Wochenkarte.

Das ist ganz schön listig. Auf diese Weise wird der Tourist überall hingeshuttlet, wo es erst richtig Geld kostet. Beim Zusammenrechnen der Eintrittsgebühren für einen Tag Sehenswürdigkeiten von Mdina/Rabat kommen gesalzene 37,00 Euro zustande. Laut einem Führer von 2004.

Wenn man schon Christ sein muss, dann will so ein Malteser auch was davon haben.

Der im Jahre 59 n. Chr. an der Nordostküste gestrandete Paulus bewährt sich ihm hier als zugkräftiges Verkaufsargument auch an Orten, wo der Missionar noch nicht einmal in der Nähe gewesen sein kann. So in den Paulus-Katakomben von Rabat, denn die sind überhaupt erst zwischen dem 4. und 5. Jahrhundert gebuddelt worden.

Wie man spirituelle Bedürfnisse vermarktet, darin sind die Malteser seit ihrer Schulung durch ihre Zuchtmeister ...Verzeihung, „Grand Master“ der Brüder vom Heiligen Johannes zur Perfektion geschliffen.

Die haben schon damals die Werte des Abendlandes verteidigt und sich für diese Mission („Abwehr der Ungläubigen“) von sämtlichen europäischen Staaten finanzieren lassen. 
 

Ich erspare dem Leser die widerlichen Einzelheiten des Ausplünderungsgeschäftes der Malteserritter-Herrschaft.

Nur dies: Die pomfortionösen Bollwerke in Valetta, die einen schon beim bloßen Anblick erschlagen, wurden übrigens nie einer praktischen Funktionsüberprüfung durch den Feind im Osten überprüft. Eine Institution verschwindet nicht einfach mit dem Wegschmelzen ihres Zwecks. Sie bekommt einen Sinn verliehen: WELTKULTURERBE. Ihre Funktionäre aber verkommen.

Was Wunder, wenn die Verteidigung überwiegend in den überlegenen Piratenraubzügen durch malteser-ritterische Schiffe auf dem einen oder andern CORSO (daher „Korsaren“) durchs östliche Mittelmeer bestand. Am einträglichsten war dabei wohl der Handel mit lebendigem Fleisch, der im Handumdrehen aus einem Menschen einen Sklaven machte.

Aber der Ware sieht man nun mal den Unterschied nicht an.

SCHLAGT DIE DEPPEN ALLER ZEITEN MIT IHREN SINNEN. Wahlspruch aller führenden Eliten.

Und jetzt ratet mal, wie die Bauwerke einer Ekklesia triumphans ausfallen müssen, wenn das stimmt...



Kulturgeschichtliches

Es mag ja sein, dass Kultur noch etwas anderes ist. Aber an Maltas Geschichte wird ihre Kardinalfunktion transparent: systematische Legitimierung des Verzichts auf das Beseitigen der heimischen Quälgeister.

Es gab da einen Leib- und Magenmaler der Grossmeister, einen gewissen PRETI. Ich habe noch kein einziges Bild von ihm gesehen, das dem Betrachter nicht aus der Perspektive des kleinen Scheißerchens, einem zur Verehrung aufstachelnden Geschehen beizuwohnen vorschreibt. (Übrigens schließt diese propagandistisch dramatisierende Untersicht von vornherein jedes Mitleid aus.)

Die reichlich angesammelten MADONNEN - nicht nur die im Nationalmuseum – überziehen die bedrängend überbevölkerten Häusermeere des Nordostens wie Schwären einen siechen Leib. Sie öden einen in ihrer Sanftheit, Ergebenheit, rundlichen Nicht-Männlichkeit an. Sie sind das Inbild der Gefügigkeit, einer unkomplizierten Fleischlichkeit, die schon verziehen hat, was ihr noch weiterhin an Aggression widerfahren wird. Es stimmt einfach nicht, dass das Idealbilder von Frauen seien, wie die Kunstgeschichte behauptet. Das sind Frauen, denen verwehrt wird, Frauen zu sein. Und das ist etwas ganz anderes.

Das faszinierende „Porträt einer Lady“ aus der Schule des Jan van Scorel hat mir den gewaltigen Unterschied zwischen symbolisierender Auslöschung und dahinterstehender Realität schlagartig klargemacht.

Diese Frau hätte ich gerne kennengelernt. Man weiß nicht recht, verachtet sie, worauf ihr Blick fällt?, lauert sie in Erwartung des nächsten Angriffs, plant sie ihre nächste Gegenintrige?

Keine Schönheit, aber eine hellwache Bestie am Beginn des Aufstiegs der Geldwechsler.



Ħaġar Qim (gesprochen Hadschar-'iim) zum Beispiel

Diese Anbetungs-Hinkelsteine (so die etwas despektierliche Übersetzung) waren schon 1000 Jahre alt, als man anfing das Heil der Herrschaft in Pyramiden zu zelebrieren.

Von Anfang an war alles deutlich klargemacht worden: die locker verstreuten minderwertigen Baumaterialien um die Kultorte sind überall auf der Welt die Behausungen der Erbauer dieser marktschreierischen Einschüchterungen per Architektur.

Sehr sinnfällig in seiner Symbolik auch der Einbau eines architektonisch funktionslosen, den Eingang verengenden Fensterchens in die gewaltigen Trilithen-Tore, durch welche der das Orakel bemühende Gläubige sich hereinkrümmt.

Und wo finden wir exakt die selbe architektonisch unvertretbare Demütigung Jahrtausende später?

Im Inquisitorenpalast: „Knie hin, beug das Haupt zum Knie,

in excelsis domini.“

Der Küste vorgelagert ist ein kleines Inselchen namens Filfla, das nur noch halb so hoch ist, seit die Engländer und die NATO sie als Zielgebiet für Bombenabwürfe benutzten Das dortige Kapellchen gibt es seit dem auch nicht mehr. 
Der feine Unterschied zu den normalen Bilderstürmereien von Kulturkämpfern besteht hier darin, dass das bewusste Zerstörungswerk den hohen Sinn der gezielten Einübung von wirksamem Zerstörungswerk hat.

Aaachch..!



Hier treibt es der Frühling schon wieder mit seiner üblichen Schamlosigkeit. Die Vögel buhlen und balzen mit ihrem Gezwitscher, man möchte dieser naiven Lebenslust am liebsten begütigend den Kopf tätscheln.

Vergnügt sieht man die roten, blauen und gelben Blumen ihre geilen Blütendinger spreizen und die Insekten fallen wie immer tierisch über die Angebote her.

Der Nordwind treibt es mit den Wolkenröckchen, und dieselben über den blauen Himmel vor sich her. Die halten aber unten alles züchtig zu. Nur oben bauscht es in fülligen Formen.

Habe die Nordspitze von Malta (den Marfa-Ridge) umrundet. Sanfter Aufstieg von Cirkewwa an der Steilküste entlang. Am äußerten Ende des Kliffs steht - mit Blick auf den Tafelberg der Müll-Deponie jenseits der Bucht - eine weiße Madonnenstatue mit den Händen über dem Herzen, als wollte sie sagen: „Gott sei Dank, beim heutigen Wind stinkt es mal nicht nach den so infernalischen 86 Meter hoch!

Und eine Henne gackert eifrig, weil sie es einfach nicht lassen kann, auf ihre viel zu wenig bekannte Tüchtigkeit hinzuweisen: Donnerwetter, schon wieder ein Ei gelegt!



Das Leben, ein Fest

Das Ankommen ist unvermeidlich.

Noch die weitesten Umwege sind ergiebiger, als das, worauf es hinausläuft.

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