Normalerweise
bekommt man im Alltag nur die anonymen Genickschläge der
strukturellen Gewalt mit. Die kann man ja gar nicht verpassen, weil
sie einem ganz ungerufen verpasst werden.
Anders
sieht es bei jenen unmittelbaren Erlebnissen aus, die einem die
verwandtschaftlichen Geselligkeiten bereiten. Da kriegt man die
deutsche Gesellschaft in der Nussschale serviert.
Besonders
zu später Stunde. Wenn man vor lauter Langeweile mit Sachen um sich
wirft, die endlich einmal gesagt sein müssen.
So
weit, so normal.
Wozu
man aber schon etwas länger auf der Welt sein muss, um das in seiner
vollen Umfänglichkeit mitzubekommen, ist der Fakt, dass man nicht
nur die unschönen Vorkommnisse einer langen Vergangenheit um die
Ohren gehauen bekommt, sondern auch das WAS MAN NICHT gemacht hat.
Und
das ist unter Umständen sehr viel umfänglicher als der
nachweisliche Sündenkatalog.
Das
Schlimmste daran: man selber hatte ja gar keine Ahnung von all den
Vermissungen, die in der nahen Verwandtschaft durchlitten wurden:
„Und
als die Lydia mit ihrer Thrombose im Rollstuhl saß, da hast du nicht
einmal...“
Und
du bist dir sicher, das du noch nicht einmal eine Ahnung davon
hattest, dass die Lydia überhaupt krank war.
„Siehst
du, so wenig kümmerst du dich um die Familie.“
Du
warst zu dem genannten Termin zwar am anderen Ende der Welt, und die
sehr wohl im Besitze eines Computers befindliche Anklägerin weigert
sich hartnäckig, das Teufelswerk der e-mailerei anzufassen, aber es
ist nun mal leider wahr, dass ich nicht … habe.
Und ... habe ich
auch nicht.
Ganz zu schweigen von ...
Man
kann gegen die Grobheit der 10 Gebote so allerlei vorbringen.
Aber
sie kreisen den Umfang von gesellschaftsschädlichen Lebensäußerungen
doch auf ein fassbares Mass ein.
Der
Feinsinn, der dir deine Unterlassungen unter die Nase reibt, ist so
uferlos wie die Tage lang sind, an denen du eben anderes machtest.
Bin
eine Woche in Triest und in der slowenischen Küstenregion.
Daher
mal wieder Funkstille.
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