von Mechthild Seithe
Jeder
kennt die Geschichte von dem großen Befreiungsschlag eines Dorfes in
der Südsee, das sich eines Tages gegen den Riesengorilla King Kong zur
Wehr setzte, der den größten Teil der Insel besetzt hielt und als Dank
dafür, dass er das Dorf in Frieden leben ließ, alljährlich eine Jungfrau
als Opfergabe für sich verlangt….
So
war es Jahrzehnte, nein schon immer gegangen. Die Ältesten im Dorf
erinnerten sich, dass es auch schon in ihrer Kindheit alljährlich das
Opfer gab, mit dem sich die Dorfbewohner die Gnade von King Kong zu
erkaufen versuchten…
Die
Mädchen im Dorf wuchsen, sobald sie keine kleinen Kinder mehr waren und
wussten, was um sie herum vor sich ging, in der Angst auf, es könne
eines Tages sie treffen. An diese Möglichkeit dachte jede mit lähmender
Angst aber gleichzeitig auch mit Ehrfurcht, denn es war ja eigentlich
eine große Ehre, dazu auserwählt zu sein, sich für das ganze Dorf zu
opfern. Wenn wie jedes Jahr der Tag herankam, an dem die Ältesten
bekannt gaben, welches Mädchen sie dieses Mal ausgesucht hatten, lagen
die Nerven aller jungen Frauen und älteren Mädchen blank und die ihrer
Mütter dazu.
Wenn
aber dann die Entscheidung gefallen war, blieb der betroffenen Mutter
und ihrer Tochter nichts anderes mehr übrig, als sich geehrt zu fühlen
und in aller Demut stolz zu sein auf diese Auszeichnung.
Alle
Jahre wieder entstand aber auch Unruhe wegen dieser Opfersitte und es
gab immer wieder Leute im Dorf, die diese Sitte verabscheuten und die
versuchten, Auswege zu finden. Es war einmal so weit gekommen, dass das
Dorf plante, einen Monat vor dem alljährlichen Termin in einer Nacht und
Nebel Aktion mit Sack und Pack von der Insel zu fliehen und sich auf
die Suche nach einer anderen Heimat zu machen. Dieser Plan aber wurde
nicht in die Tat umgesetzt, weil einige Bewohner sich weigerten, ihre
Hütten im Stich zu lassen. Das waren vor allem Familien, die nur
männliche Kinder großzogen oder auch alte Dorfbewohner, die keine jungen
Angehörigen mehr hatten.
In
anderen Jahren wurde diskutiert, ob man nicht versuchen sollte, mit
King Kong Verhandlungen auf zu nehmen. Eine Gruppe der stärksten Männer
war schon dazu vorgesehen, das große Tor zu öffnen und mit King Kong
hinter der Mauer Kontakt zu suchen. Vielleicht würde er ja bereit sein,
statt einer Jungfrau z.B. vier fette Rinder als Opfergabe zu anzunehmen.
Manche Dorfbewohner hielten diese Mission für zu gefährlich. Andere
waren sich sicher, dass es King Kong aber genau darum ging, das Dorf mit
diesem Menschenopfer besonders hart zu treffen. Woher sie das zu wissen
meinten, blieb im Dunklen. Auf alle Fälle wurde auch aus diesen
Überlegungen nichts.
In
einem Jahr geschah es, dass von den vier Familien aus, deren Töchter
mit hoher Wahrscheinlichkeit in diesem Jahr in die nähere Wahl kommen
würden, eine ganz neue, nie dagewesene Diskussion angezettelt wurde, man
müsse einfach endlich versuchen, King Kong von der Insel zu vertreiben.
Diese Absichten stießen aber bei der Mehrheit der Dorfbewohner auf blankes Unverständnis, wenn nicht sogar auf Entrüstung.
„Aber das war doch immer so bei uns! Wir können doch nichts gegen diese alte Geißel tun! Es war immer so und wir leben doch noch. Eine Jungfrau konnten wir immer verkraften, auch wenn es natürlich schwer ist und traurig für die Angehörigen“.
Diese Absichten stießen aber bei der Mehrheit der Dorfbewohner auf blankes Unverständnis, wenn nicht sogar auf Entrüstung.
„Aber das war doch immer so bei uns! Wir können doch nichts gegen diese alte Geißel tun! Es war immer so und wir leben doch noch. Eine Jungfrau konnten wir immer verkraften, auch wenn es natürlich schwer ist und traurig für die Angehörigen“.
„Und
wie sollte das gehen? King Kong ist viel, viel stärker. Wir haben keine
Waffen, mit denen wir ihn wirklich treffen könnten! Es ist nun mal
unser Fluch. Dem können wir nicht entrinnen!“
„Außerdem,
wie könnten wir ihn vertreiben. Er lebt doch auch hier. Hat er kein
Recht, auf dieser Insel zu wohnen? Gehört sie uns etwa? Und wo sollte er
hin? Leben wir nicht letztlich doch in großem Einvernehmen mit ihm. Er
könnte uns doch viel mehr schaden, wenn er wollte. Aber er lässt uns in
Frieden. Wir sollten ihm dankbar sein!“
Aber
die Gruppe der Kampfbereiten ließ nicht locker. Man müsste eben mit
List arbeiten, dafür seien sie schließlich Menschen, keine Affen. Auf
jeden Fall wäre es der größte Fehler, diesen unerträglichen Zustand für
normal und unveränderbar zu halten. Damit nähme man sich schon die
Chance, überhaupt noch darüber nachzudenken, was getan werden könnte.
Der eine oder andere junge Mann im Dorf fing an, von einem Leben auf dieser Insel ohne King Kong zu träumen. Andere überlegten, wie man es anstellen könne, den Riesenaffen zu vertreiben oder ihn zu töten. Aber die meisten Dorfbewohner blieben dabei: eine solche Sache sei überhaupt nicht möglich und außerdem stände sie ihnen auch gar nicht zu.
Der eine oder andere junge Mann im Dorf fing an, von einem Leben auf dieser Insel ohne King Kong zu träumen. Andere überlegten, wie man es anstellen könne, den Riesenaffen zu vertreiben oder ihn zu töten. Aber die meisten Dorfbewohner blieben dabei: eine solche Sache sei überhaupt nicht möglich und außerdem stände sie ihnen auch gar nicht zu.
Es
wurde heftig und lange diskutiert. Schließlich einigten sich die
Dorfbewohner darauf, die Frage erst nach dem nächsten Opferritual zu
entscheiden, es sich dieses Mal alles noch genau anzusehen und dann
erneut zu überlegen, ob eine Kampfansage wirklich eine moralische
Rechtfertigung hätte und ob sie überhaupt eine wirkliche Chance auf
Erfolg habe.
Als
in diesem Jahr die Ältesten feierlich verkündeten, welche Jungfrau King
King geopfert werden sollte, stellte sich heraus, dass das Mädchen
nicht aufzufinden war. Es war die Tochter desjenigen Mannes, der sich am
heftigsten dafür eingesetzt hatte, die Opferzeremonie nicht länger zu
dulden. Das Mädchen war fortgelaufen. Das Dorf legte den Bann über sie
und ihre Eltern, wählte eine andere Jungfrau und ließ das entflohene
Mädchen nicht mehr ins Dorf. Sie lebte alleine in den an das Dorf
angrenzenden Wäldern. Nach drei Monaten sah man sie am Dorfrand, völlig
abgemagert und entkräftet. Aber niemand gab ihr etwas zu essen. Auch die
eigenen Eltern nicht, denn sie wurden von den Dorfbewohnern gewaltsam
davon abgehalten. Nach weiteren vier Monaten fand ein Junge beim
Holzsammeln ihre Leiche. Sie war verhungert. Und so hatte sich ihr
Schicksal schließlich doch erfüllt. Die Dorfbewohner gingen jetzt zu den
Eltern, brachten ihnen Trauergeschenke mit, trösteten sie über den
Verlust ihrer Tochter und erzählten allen, wie schön und lieblich sie
gewesen sei. Denn jetzt war die Familie wieder in den Verbund
aufgenommen.
Der
Plan, nach der Zeremonie die Überlegungen und Diskussionen um den
Vorschlag, King Kong den Kampf anzusagen, wurde nicht wieder
aufgegriffen. Alle sahen den Verlauf der Dinge und dass auf diese Weise
gleich zwei ihrer jungen Mädchen hatten sterben müssen als Beleg, dass
es ungut sei, sich zu weit vorzuwagen.
Bis
dann der amerikanische Filmregisseur mit der kleinen weißen Frau
daherkam und aus der Verfolgung von Kind Kong eine große Schau machte –
und gar nicht danach fragte, ob die Dorfbewohner einverstanden waren.
(Mit Dank an die Quelle: opablog)
(Mit Dank an die Quelle: opablog)
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