Mittwoch, 5. November 2014

Memorabile

Eine Mutter besteigt den Bus.
Sie trägt ein 6- bis 7-jähriges Kind bäuchlings an sich gepresst. Das schreit aggressiv aus Leibeskräften und schlägt nach der Mutter. Die Mutter versucht das Kind durch calmierendes „Sssccchhh“ zu beruhigen.

Es bringt nichts.

Ich sehe die Windel aus den Jeans des bäuchlings auf den Schoß seiner Mutter gepressten Kindes hervorquellen und rieche ihren frischen Inhalt.
Höre das nervenzerfetzende Geschrei.
Rieche den Gestank.
Sehe das in der Umarmung seiner Mutter vergeblich um sich schlagende Kind.

Es hat etwas Normwidriges getan.
Nicht freien Willens.
Aber der Geruch verrät es.

Als Mutter und Kind endlich den Bus an der Klinik verlassen, fühlen wir alle uns erleichtert.
Durchs Fenster sehe ich, dass das Kind auf dem Arm seiner Mutter jetzt sich selbst ins Gesicht schlägt.
Immer wieder.
Unaufhörlich.

Gibt es ein trefflicheres Bild für die von ihrem Sündenbewusstsein Gebeutelten?
Hauptsache, es wird um sich geschlagen.
Wen es dabei trifft, ist bei Bestrafungen zweitrangig.


Sie gehen einem schrecklich auf die Nerven.

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